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Brandenburg: Neuköllner kämpfen mit Kreide gegen Koks

Anwohner begehren mit Benimm-Regeln gegen die Drogenszene in der Hasenheide auf

So konnte es einfach nicht weitergehen. Spätestens als sie hörte, dass die Drogenhändler aus dem Neuköllner Volkspark Hasenheide nun auch schon Kita-Kindern Rauschgift anbieten, „da war Schluss mit lustig“, sagt Marion Lira, 56 Jahre. Seit 40 Jahren lebt sie in dem Kiez an der Wissmannstraße,wo sie einen kleinen Laden betreibt. Dass die Hasenheide seit Jahrzehnten als Drogenschwerpunkt gilt, daran hatte sie sich mehr oder weniger gewöhnt. Doch das, was sich derzeit im Park abspiele, gehe einfach zu weit, sagt sie. Zusammen mit ihrer Nachbarin, der Künstlerin „Mo.Skito“, startete die Ladeninhaberin eine Initiative gegen die Drogenszene im Park. Am vorigen Wochenende malten die Frauen mit Kreidefarbe „Benimm-Regeln“ für die Dealer und Sprüche auf den Asphalt eines Zufahrtsweges zum Park.

„Damit wollten wir provozieren und den Händlern zeigen, dass es hier Leute gibt, die mit ihrem Verhalten nicht einverstanden sind“, erzählt die Künstlerin Mo.Skito (48). Vom vielen Regen fast verwischt, sind dort noch Sprüche wie „Mama den Job beichten“, „Neuköllner Hausfrauen gegen Dealer-Gelaber“ und „Knigge statt Koks“ zu erkennen. Ein paar hundert Meter weiter stehen bei dem ungemütlichen Wetter vereinzelt ein paar Händler unter den Bäumen und warten auf Käufer.

Mo.Skito und Marion Lira, die den „Club Neuköllner Hausfrauen“ gegründet haben, wollen die Kunstaktion künftig einmal im Monat machen. „Das Drogenproblem können wir nicht lösen. Aber die Dealer sollen sich benehmen und die Anwohner in Ruhe lassen“, sagt Mo.Skito. Erst vor kurzem sei ihre 16-jährige Tochter vom Hermannplatz bis vor die Haustür von mehreren Dealern verfolgt worden, „die ihr alle möglichen Drogen anbieten wollten“.

Das Alter ihrer Kunden ist den Dealern offenbar egal – vereinzelt berichteten Anwohner, dass die Rauschgiftverkäufer schon Kindern im Vorschulalter „Dope unter die Nase halten“, sagt Marion Lira.

Zwar kontrolliert die Polizei die Hasenheide regelmäßig – in Zivil und in Uniform –, doch selten gelingt es den Beamten, die Dealer festzunehmen. Das Problem: Sie haben nur geringe Mengen Drogen bei sich. Den Rest bunkern sie in den Büschen. Werden sie kontrolliert, reicht es allenfalls für einen Platzverweis. Denn nie haben die Händler mehr als sechs Gramm Haschisch bei sich. Das ist zwar auch schon strafbar, doch ein Verfahren wird bei einer so geringen Menge von der Justiz eingestellt.

Ein Polizeiermittler ist begeistert davon, dass die Anwohner aufbegehren. Für nächste Woche hat ein Beamter sogar ein Treffen mit Mo.Skito ausgemacht, um sich darüber zu informieren, was die Anwohner künftig planen. In anderen Bezirken, wie in Mitte, wo der Weinbergspark als Drogenschwerpunkt gilt, haben Anwohner-Initiativen erreicht, dass Bäume und Sträucher gestutzt wurden. Das soll den Dealern die Versteckmöglichkeiten nehmen.

Die Kunstaktion sei von den meisten Anwohnern gelobt worden, sagt Marion Lira. Doch ob die Sprüche überhaupt etwas bewirken? „Klar, die haben uns sofort beschimpft und gesagt, wir vermiesen ihnen das Geschäft.“ Das sei sogar so weit gegangen, dass einer der Drogenhändler ihnen gedroht hätte – und zwar ausgerechnet mit den Worten: „Ich hole die Polizei!“ Tanja Buntrock

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