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Brandenburg: Nur eine Gnadenfrist für die Vietnamesen

Die vietnamesische Familie Nguyen aus Spremberg wird in diesem Jahr "trotz eindeutiger Rechtslage" nicht mehr abgeschoben. Das versicherte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) am Freitag gegenüber dieser Zeitung.

Die vietnamesische Familie Nguyen aus Spremberg wird in diesem Jahr "trotz eindeutiger Rechtslage" nicht mehr abgeschoben. Das versicherte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) am Freitag gegenüber dieser Zeitung. Stolpes Staatskanzlei gab unterdessen an, dass Schönbohms Rechtsposition, nach der die Familie abgeschoben werden muss, am Dienstag "im Kabinett nicht beanstandet" worden sei. Sie werde dem Petitionsausschuss des Landtages ohne Verzug zugeleitet. Demgegenüber hatte Staatskanzlei-Chef Rainer Speer (SPD) am Mittwoch auf der regulären Kabinetts-Pressekonferenz erklärt, dass es noch keine abschließende Entscheidung der Landesregierung gebe und diese sich im Januar erneut mit dem Fall befassen werde. Das war wiederum am Donnerstag von Schönbohm dementiert worden. Dass die Familie nicht sofort abgeschoben wird, begründete der Minister damit, dass noch Klärungsbedarf mit der vietnamesischen Botschaft über die Rückreise des Ehemannes bestehe. Diese werde bislang wegen unklarer Identitätsfragen abgelehnt. Nach Schönbohms Angaben wird die Klärung noch Zeit in Anspruch nehmen. Zur Abschiebung gebe es aber keine Alternative.

Schönbohm sagte, er unterstelle dem Staatskanzlei-Chef "keine böse Absicht". Dennoch schloss er nicht gänzlich aus, dass "Druck aus der SPD" dahinter stecken könnte und man wegen der Festtage in der umstrittenen Abschiebefrage "Ruhe haben wollte". Gegen eine Abschiebung der Familie waren auf Initiative des SPD-Landtagsabgeordneten Ulrich Freese in Spremberg über 1000 Unterschriften gesammelt worden. Generalsuperintendent Rolf Wischnath hatte angekündigt, die Familie Nguyen notfalls in seinem Haus aufzunehmen. Spree-Neiße-Landrat Dieter Friese (SPD) hatte gegen den Willen des Innenministeriums und gegen diverse Gerichtsentscheidungen für die Familie eine "befristete Duldung" ausgesprochen. Daraufhin forderte der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Sven Petke, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen den Landrat. Schönbohm meinte hingegen, dass sich die Frage staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen nicht stelle. Allerdings würden nach dem Beamtenrecht Schritte gegen Friese geprüft. Die Entscheidung, so der Innenminister, werde im Januar getroffen. Die PDS warf der Landesregierung gestern "doppelzüngiges Agieren" vor: Um das Gesicht in der Weihnachtszeit zu wahren, habe Speer den Eindruck vermitteln wollen, dass die Entscheidung in dem Fall vertagt worden sei. Tatsächlich halte Schönbohm an seinen Ausweisungsplänen fest. Die PDS forderte Regierungschef Stolpe auf, seine Richtlinienkompetenz wahrzunehmen und bis zur Neuregelung des Zuwanderungsrechtes eine Duldung für die Familie auszusprechen.

Nach der im Kabinett abgesegneten Stellungnahme für den Petitionsausschuss ist "die Erteilung neuerlicher Duldungen für Frau Nguyen und ihre drei Kinder nach dem derzeitigen Sachverhalt aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen". Zudem müsse davon ausgegangen werden, dass die Erklärung der Familie, gemeinsam nach Vietnam ausreisen zu wollen, "nur vorgeschoben wurde, um eine generelle Ausreise der Frau und ihrer drei Kinder zu verhindern".

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