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Brandenburg: Offene Grenzen, aber sicher

Claus-Dieter Steyer

Das Wort Grenze löst bei den meisten Ostdeutschen immer noch eine beklemmende Stimmung aus. Es war der Inbegriff von Hoffnungslosigkeit, Angst und Schrecken. Zwar ist der bevorstehende Abzug der deutschen und polnischen Grenzkontrolleure nicht mit dem Fall der Mauer 1989 zu vergleichen. Aber der in zweieinhalb Wochen anstehende „amtliche Akt“ löst doch gerade in Ostbrandenburg viele Emotionen aus. Einerseits erscheint es vielen Menschen unglaublich, die Grenze schon bald ohne Ausweis passieren zu können. Anderseits mischen sich in die verbreitete Erleichterung auch viele Sorgen vor den Folgen der gewünschten, ja gerade im Osten ersehnten Freizügigkeit.

Panikmacher haben in diesen Tagen Hochkonjunktur – und ausgerechnet Polizisten schüren Angst vor angeblich unbeherrschbaren Horden von Kriminellen und Terroristen, die nur auf die offenen Grenzen warten würden. Wenn sie auch mit ihrer Aufregung vor allem die eigenen Jobs retten wollen, kommen die Schreckensszenarien durchaus an.

Tatsächlich wird sich nach dem 21. Dezember viel ändern. Bisher rufen beispielsweise in Frankfurt (Oder) Laden- oder Restaurantbesitzer nach einem Diebstahl oft vorsorglich den Grenzübergang an der Oderbrücke an. Nicht selten können Diebe und Diebesgut hier sichergestellt werden. Diese Möglichkeit entfällt nun ebenso wie die schnelle Fahndung nach in Berlin und Umgebung gestohlenen Autos oder gezielte Aktionen an den Grenzübergängen gegen Menschenhandel oder Rauschgiftschmuggel.

Helfen kann da wohl nur die Stärkung des subjektiven Sicherheitsgefühls. Die Polizei sollte ihre angekündigten deutsch-polnischen Streifen gleich nach dem Ende der Grenzkontrollen in großem und vor allem sichtbarem Umfang im Hinterland aufnehmen. Erst dann würde sich wahrscheinlich auch die Erkenntnis durchsetzen, dass die Streifen sogar eine höhere Sicherheit als die fest installierten Grenzkontrollen bedeuten. Schließlich hatten sich die Kriminellen längst auf die Täuschung der Kontrolleure an den Übergängen eingerichtet. Bald müssen sie überall im 30 Kilometer breiten Hinterland mit Streifen rechnen. Erst wenn sich der Erfolg dieser neuen Polizei-Taktik herumspricht, wird sich wohl auch in Ostbrandenburg eine richtige Freude über den Fall der letzten Grenzen einstellen.

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