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Klaus Wowereit   Matthias Platzeck

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Platzeck und Wowereit: Szenen einer Entfremdung

Matthias Platzeck und Klaus Wowereit wollten Harmonie demonstrieren. Aber daraus wurde nichts.

Mit Freundlichkeiten zugleich austeilen, das beherrscht Klaus Wowereit. Ortstermin auf dem Potsdamer Restaurantschiff „John Barnett“. Es läuft die Abschlusspressekonferenz der Regierungschefs von Berlin und Brandenburg nach einem gemeinsamen Besuch auf dem Potsdamer Kulturareal Schiffbauergasse. Der Regierende Bürgermeister geht gleich mit dem ersten Satz in die Vollen: Er freue sich, in Potsdam zu sein, „dem Sitz der künftigen Regierung und des Parlaments eines hoffentlich irgendwann vereinigten Landes“. Was Matthias Platzeck, der neben ihm sitzt und keine Miene verzieht, von derlei Fusions-Drängeleien hält, hatte er schon am Morgen verkündet: „Mir steht’s bis ganz oben hin, weil ich diese Fragen nicht mehr hören kann“, sagte er in einem Radiointerview, wenige Stunden vor Wowereits Visite.

In Berlin wertete man das, natürlich, als „unfreundlichen Akt“. Und das Treffen wurde zum Lehrstück über das merkwürdige Verhältnis der beiden Spitzen. Und darüber, was zur Zeit schief zwischen Berlin und Brandenburg läuft. Knapp zwei Stunden spazierten Platzeck und Wowereit über das Potsdamer Kulturareal, besichtigten das neue Hans-Otto-Theater, die VW-Design-Werkstatt, demonstrierten trotz strömenden Regens gute Laune. Sie versicherten, wie gut sie sich verstünden und wie eng man doch kooperiere. Eng – das ist wohl Auslegungssache. Die Wirtschaftsfördergesellschaften? „Eine klare Ansage: Sie werden getrennt bleiben“, sagte Wowereit. Absprachen ja, Zusammenarbeit ja, aber keine gemeinsame Gesellschaft. „Es gibt auch unterschiedliche Interessen.“ Berlin, so fährt er fort, habe als Vorleistung für eine Fusion „Kompromisse gemacht, die wir sonst nicht gemacht hätten“. Welche? Das gemeinsame Finanzgericht in Cottbus – „das würden wir heute nicht mehr machen“.

Das sind Sätze wie Hammerschläge für Brandenburger Empfindlichkeiten. Und sie treffen auch Platzeck. Denn Wowereit macht keinen Hehl daraus, was er sich – bei allem Verständnis für die Stimmung in Brandenburg – vom Nachbarn mit Blick auf die angestrebte Fusion wünscht. Nämlich Führung: „Politik hat auch Verantwortung zu kämpfen, nicht nur nach Umfragen zu schielen.“ Platzeck widerspricht, leise, auf seine Art. Ein Regionalgefühl müsse wachsen, „das kann man nicht befehlen“, das gehe nicht mit „Kampagnen“. Das sei einmal versucht worden, 1996 beim gescheiterten Anlauf, und „es war nicht richtig“.

Es gebe nun einmal in einer Metropole „eine andere Mentalität, eine andere Sozialisation“ als in einem dünnbesiedelten Land, sagt Platzeck. In Berlin lerne man schon als Kind, sich „laut bemerkbar zu machen, um wahrgenommen zu werden“. Er wünsche sich von Berliner Seite „mehr Geduld“, mehr Rücksichtnahme auf die Stimmung in Brandenburg. „Versuchen wir doch, die Brandenburger nicht mit Fusionsterminen zu verschrecken.“ Das sind Töne, die wiederum Berliner Empfindlichkeiten treffen. Dort sitzen die Verletzungen tief, über die Fusionsabsage, und darüber, aus Potsdam oft auch noch den Milliarden-Schuldenberg vorgehalten zu bekommen.

„Ich freue mich, dass Brandenburg so reich ist“, sagt Klaus Wowereit irgendwann sarkastisch. Dann könne sich das Land ja fifty-fifty an der gemeinsamen Filmförderung beteiligen, wie einst verabredet. Berlin werde den Topf um 1,5 Millionen Euro aufstocken, damit nicht so viele Produktionen nach Nordrhein- Westfalen oder Bayern ausweichen. „Die letzten Erhöhungen hat Brandenburg leider nicht mitgemacht.“ Matthias Platzeck sagt dazu nur: „Schau’n wir mal!“

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