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Ein Mann, der zu einer Gruppe von Menschen gehört, die nach Ausschreitungen bei einer Eritrea-Veranstaltung von Polizeikräften eingekesselt wurden, wird von Polizisten abgeführt.

© picture alliance/dpa

Update

„Gewaltexzess eines wütenden Mobs“: 31 verletzte Einsatzkräfte nach Ausschreitungen bei Eritrea-Festival in Stuttgart

Im Zusammenhang mit einer Eritrea-Veranstaltung kam es in Stuttgart zu gewaltsamen Szenen. Festival-Gegner griffen Polizisten offenbar mit Holzlatten, Metallstangen und Steinen an.

Bei den gewaltsamen Ausschreitungen im Zusammenhang mit einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart am Samstag sind 31 Einsatzkräfte verletzt worden. Die meisten von ihnen seien nicht schwer verletzt, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Montag nach einem Besuch beim Stuttgarter Polizeipräsidium.

Sie hätten überwiegend Prellungen und Hämatome erlitten. Insgesamt gibt es 228 Tatverdächtige. Strobl sprach vom „plötzlichen und unerwarteten Gewaltexzess eines wütenden Mobs“. Die mutmaßlich zur eritreischen Opposition zählenden Tatverdächtigen hatten am Samstag Polizisten attackiert. 

Innenpolitiker haben sich nach den gewalttätigen Ausschreitungen für ein konsequentes Vorgehen gegen derartige Veranstaltungen ausgesprochen.

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„Es ist völlig unverständlich, warum diese Veranstaltung nicht gestoppt und damit die Verbreitung der Propaganda dieses Terrorstaates ermöglicht wurde“, sagte der Obmann der Grünen-Fraktion im Innenausschuss des Bundestages, Marcel Emmerich, am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Im Vorfeld hätte man zudem versuchen können, vor Gericht ein Verbot zu erwirken, „um zumindest ein deutliches Zeichen zu setzen“, fügte er hinzu.

Wie reagiert die Politik auf die Ausschreitungen?

Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), sagte, schon bei früheren ähnlichen Veranstaltungen von Menschen aus Eritrea sei zu beobachten gewesen, dass das Etikett „Festival“ ganz offensichtlich genutzt werde, um Auseinandersetzungen verschiedener Gruppen aus Eritrea in Deutschland zu führen.

„Das muss der deutsche Staat sich nicht gefallen lassen“, führte Lindholz aus. Eine Genehmigung könne auch im Vorfeld versagt werden, wenn der Charakter eines Festivals offensichtlich missbraucht wurde, „wenn das absehbar ist und wenn es nicht möglich ist, durch geeignete Auflagen Ausschreitungen zu verhindern“.

Ausländische Konflikte dürfen nicht in unserem Land ausgetragen werden.

Nancy Faeser, Bundesinnenministerin

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte: „Ausländische Konflikte dürfen nicht in unserem Land ausgetragen werden.“ Die Gewalttäter müssten zur Verantwortung gezogen werden.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) teilte mit: „Die Bilder der brutalen Ausschreitungen mit gezielten Angriffen gegen die Polizei verstören und sind völlig inakzeptabel.“ Wer Einsatzkräfte angreife, greife den Rechtsstaat an.

Carsten Höfler (Polizeivizepräsident), Frank Nopper (Oberbürgermeister von Stuttgart) und Susanne Scherz (Leiterin des Ordnungsamts) bei der Pressekonferenz zu den Ausschreitungen bei einer Eritrea-Veranstaltung.
Carsten Höfler (Polizeivizepräsident), Frank Nopper (Oberbürgermeister von Stuttgart) und Susanne Scherz (Leiterin des Ordnungsamts) bei der Pressekonferenz zu den Ausschreitungen bei einer Eritrea-Veranstaltung.

© dpa/Andreas Rosar


Warum kam es zu den Ausschreitungen beim Eritrea-Festival?

Am Rande einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart war es am Samstag zu massiven Ausschreitungen gekommen. Die rund 80 bis 90 Teilnehmer der Veranstaltung von Eritrea-Vereinen stünden dem diktatorischen Regime in Afrika nahe, teilte die Polizei mit.

Mehrere Hundert Veranstaltungsgegner hatten sich zum Protest in der Stadt versammelt. Ihnen sei ein Versammlungsort zugewiesen worden, der abgelehnt worden sei, so die Polizei. Anschließend sei es am Stuttgarter Römerkastell zu massivem Krawall gekommen.

Eritrea-Festival: Mit Holzlatten gegen Schlagstöcke

Gegner der Veranstaltung griffen Teilnehmer und Polizeibeamte mit teils mit Nägeln bestückten Holzlatten, Metallstangen, Flaschen und Steinen an. Die Polizei wehrte sich mit Schlagstöcken und Pfefferspray.

Während der Ausschreitungen beim Eritrea-Festival sammelte die Stuttgarter Polizei Holzlatten, Metallstangen und Stöcke ein.
Während der Ausschreitungen beim Eritrea-Festival sammelte die Stuttgarter Polizei Holzlatten, Metallstangen und Stöcke ein.

© picture alliance/dpa

Kräfte wurden aus umliegenden Polizeipräsidien und der Bundespolizei beordert. Auch mit dem Hubschrauber wurden Polizisten eingeflogen. 31 Polizeibeamte wurden verletzt. Sechs Beamte wurden den Angaben zufolge im Krankenhaus behandelt.

Fünf Polizisten konnten ihren Dienst den Angaben zufolge nicht weiter ausführen. Zudem seien 21 der mutmaßlichen Straftäter verletzt worden.

300 Beamte seien am Samstag im Einsatz gewesen, berichtete die Polizei. Die Teilnehmer des Eritrea-Treffens seien unter Polizeischutz vom Ort des Geschehens eskortiert worden.

Warum wurden so wenig Polizisten bereitgestellt?

Der Stuttgarter Polizeivizepräsident Carsten Höfler berichtete, dass es häufiger derartige Eritrea-Veranstaltungen in Stuttgart gebe, allein fünf im Jahr 2022. Diese seien im Wesentlichen völlig störungsfrei verlaufen.

Deshalb habe man die Veranstaltung zu Beginn nur mit 20 Beamten abgesichert. Man habe sich dann polizeitaktisch und personell neu ordnen müssen. Es sei aber gelungen, die Teilnehmer der Veranstaltung zu jeder Zeit zu schützen. Nun habe man eine 15-köpfige Ermittlungsgruppe eingerichtet.

Eritrea-Festival in Stuttgart: Wer sind die Krawallmacher?

Bereits Sonntagnachmittag kamen 227 der 228 zwischenzeitlich festgenommenen mutmaßlichen Krawallmacher wieder frei. Das teilte Höfler am Sonntag in Stuttgart mit. Die Polizei hatte die Männer eingekesselt und die Personalien aufgenommen.

Gegen die Verdächtigen liefen Strafverfahren wegen schweren Landfriedensbruchs, sagte Höfler. Ein mutmaßlicher Täter sollte am Sonntag dem Haftrichter vorgeführt werden, weil er schon häufiger polizeilich in Erscheinung getreten sei.

Eine Gruppe von Menschen wird nach Ausschreitungen bei einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart von Polizeikräften eingekesselt.
Eine Gruppe von Menschen wird nach Ausschreitungen bei einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart von Polizeikräften eingekesselt.

© picture alliance/dpa

Die Personalien fast aller Tatverdächtigen wurden nach Polizeiangaben zwischenzeitlich abgeklärt. Überwiegend kämen die Verdächtigen aus dem Umland von Stuttgart, sagte Polizeivizepräsident Höfler. Nur wenige seien aus Stuttgart.

63 mutmaßliche Gegner des Regimes in Eritrea seien aus der Schweiz angereist. Teils seien Personen aus dem hessischen Gießen gekommen. 212 der Verdächtigen hätten die eritreische Staatsbürgerschaft, sieben Verdächtige seien deutsch mit eritreischen Wurzeln. Vereinzelt müssten Identitäten noch geklärt werden.

Nach Ausschreitungen in Stuttgart: Wird die Stadt Konsequenzen ziehen?

Die Polizei geriet aus eigener Sicht bei den Ausschreitungen in Stuttgart zwischen die Fronten von Anhängern und Gegnern des eritreischen Regimes. „Wir standen als Prellbock dazwischen. Die pure Gewalt hat sich gegen uns gerichtet, gegen den Staat“, sagte der Polizeivizepräsident Höfler.

Die Stadt Stuttgart hatte den Veranstaltungsraum an die Eritrea-Vereine vermietet. „Es lagen keine Gründe für ein Verbot der heutigen Eritrea-Veranstaltung vor“, teilte die Stadt mit. „Versammlungen im geschlossenen Raum sind nicht anmeldepflichtig.“ Die Stadt werde aber Konsequenzen aus den Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft ziehen.

Im Juli war es bereits in Gießen zu Ausschreitungen bei einem Eritrea-Festival gekommen. Mindestens 26 Polizisten wurden verletzt, als Gegner der Veranstaltung Sicherheitskräfte mit Stein- und Flaschenwürfen attackierten und Rauchbomben zündeten. Die Organisatoren des Events standen der umstrittenen Führung des ostafrikanischen Landes nahe. In Stockholm kam es im August bei einem Eritrea-Festival zu Krawallen mit mehr als 50 Verletzten. (dpa)

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