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Der Bundesfinanzminister: Christian Lindner (FDP).

© Imago/Future Image/Jean MW

Update

„Alle müssen ihren Beitrag leisten“: Lindner pocht auf Kürzungen für Bauern – und bietet Abbau der Bürokratie an

Der Finanzminister zeigt Verständnis für den Frust der Landwirte über Auflagen, Lindner stellt aber klar: Subventionen beim Agrardiesel fallen. Scholz sieht einen „guten Kompromiss“.

| Update:

Seit Wochen protestieren deutsche Landwirte gegen die von der Ampelkoalition geplante Streichung der Agrardiesel-Subventionen – und haben dabei trotz der durch die Trecker-Blockaden verursachten massiven Verkehrsbehinderungen einer Umfrage zufolge breiten Rückhalt in der Bevölkerung. Im aktuellen Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel äußerten 68 Prozent Verständnis für die Demonstrationen, nur 30 Prozent sagten, dass diese zu weit gingen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat nun klargestellt, dass er trotz des Widerstands an den Kürzungen festhalten will. „Das Parlament hat beim Haushalt das letzte Wort. Aber für die Normalisierung der Staatsfinanzen werden alle ihren Beitrag leisten müssen“, sagte der FDP-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Wir gehen davon aus, dass sie sich der Brisanz des Themas bewusst sind und wir ernsthafte Vorschläge dazu erhalten werden.

 Joachim Rukwied, Bauernpräsident, vor dem Gespräch mit den Fraktionschefs der Ampel

„Der Agrarsektor erhält jährlich Subventionen von gut neun Milliarden Euro aus Brüssel und Berlin“, sagte der Finanzminister weiter. „Es fallen 2025 jetzt weniger als dreihundert Millionen weg. Wir reden also von rund drei Prozent.“ Die Bundesregierung habe sich die Auswirkungen des Vorschlags gründlich angesehen und deshalb Korrekturen vorgenommen, sagte Lindner.

„Das grüne Nummernschild bleibt, die Subvention des Agrardiesels läuft nur schrittweise aus. Mit dem Abbau von Subventionen schließen wir im Übrigen keine Haushaltslöcher, sondern finanzieren neue Entlastungen. Es wird ja die Stromsteuer für das gesamte produzierende Gewerbe gesenkt. Eine alte Subvention läuft aus, eine neue Entlastung wird eingeführt.“

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Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verteidigte das Vorgehen seiner Regierung bei den Subventionskürzungen für Bauern. „Wir haben uns die Argumente der Landwirte zu Herzen genommen“, sagte Scholz in seinem am Samstag veröffentlichten Video-Podcast „Kanzler kompakt“. Seine Regierung habe deshalb ihren „ersten Vorschlag noch einmal überarbeitet“. Dies sei aus seiner Sicht „ein guter Kompromiss“.

Scholz warb für Verständnis für das Vorgehen: „Die Landwirtschaft ist wichtig für uns alle“, sagte er. „Und Landwirte und ihre Familien müssen von ihrer harten Arbeit auch gut leben können.“ Es gelte aber auch: „Wenn jede Subvention auf ewig bestehen bleibt, wenn wir alle zu 100 Prozent auf unserem Standpunkt beharren, wenn wir alles so machen wie immer – dann kommen wir auch nicht voran.“

Zugleich deutete er aber an, dass er den Bauern an anderer Stelle entgegenkommen wolle. „Außerdem geht es darum, was wir noch tun können, damit die Landwirtschaft eine gute Zukunft hat. Auch darüber sprechen wir miteinander.“

Auch Özdemir verspricht Bauern Hilfe

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir betonte ebenfalls, dass man auf die Bauern zugehen werde. „Es kommt jetzt darauf an, dass wir den Landwirten eine positive Perspektive und Planungssicherheit geben“, sagte der Grünen-Politiker der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Wir brauchen jetzt endlich die Tierwohlabgabe, um den Umbau von tiergerechteren Ställen zu finanzieren.“ 

Der Finanzminister signalisierte den Landwirten Entgegenkommen in einem anderen Punkt. „Bei den aktuellen Diskussionen um die Landwirtschaft geht es nicht nur um öffentliche Gelder und Subventionen“, sagte Lindner. „Es schwingt auch wachsender Frust der Landwirte über immer mehr Auflagen und andere Eingriffe in ihre Betriebsabläufe mit.“

Lindner sagte vor seinem Auftritt bei der zentralen Bauern-Demonstration am Montag in Berlin weiter: „Deshalb müssen wir schauen, wie der wirtschaftliche Erfolg durch weniger Regulierung insgesamt verbessert werden kann“, sagte der FDP-Politiker. „Wenn Subventionen abgebaut werden, dann sollte Zug um Zug auch teure Bürokratie abgebaut werden. Das wäre nur fair.“

Die Spitzen der Ampelkoalition waren den Bauern zuletzt bereits in Teilen entgegengekommen.: Land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge werden auch weiterhin von der Kfz-Steuer ausgenommen. Zudem soll die Agrardiesel-Förderung bis 2026 nur schrittweise und nicht mehr in einem Zug abgeschafft werden. 

Bauern fordern Lösung der Agrardiesel-Frage

Der Bauernverband erwartet von einem Gespräch mit den Fraktionschefs der Ampelkoalition am Montag eine Lösung in der Kernfrage des Agrardiesels. „Wir gehen davon aus, dass sie sich der Brisanz des Themas bewusst sind und wir ernsthafte Vorschläge dazu erhalten werden“, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der Deutschen Presse-Agentur.

„Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Beim Gespräch am Montag kann es zunächst nur um den Agrardiesel gehen.“ Man setze darauf, dass die Fraktionsvorsitzenden dazu eine Lösung vorlegen, sagte Rukwied.

Die Vorsitzenden der Ampelfraktionen im Bundestag hatten die Spitzen der Landwirtschaftsverbände angesichts anhaltender Bauern-Proteste zu dem Gespräch eingeladen. „Bei den aktuellen Demonstrationen wird deutlich, dass es Ihrem Berufsstand jedoch nicht nur um finanzielle Belastungen geht, sondern auch um fehlende Planungssicherheit und wirtschaftliche Perspektiven für die landwirtschaftlichen Betriebe“, heißt es in der Einladung.

Der agrarpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Gero Hocker, lehnte die Forderung Rukwieds ab. „Ich halte diese Forderung für falsch“, sagte Hocker dem Tagesspiegel. Wenn man die Unterstützung für die Landwirte aus anderen Branchen betrachte, dann werde klar, „dass es längst schon nicht mehr um den Agrardiesel alleine geht“, sagte Hocker.

„Vielmehr gibt es einen allgemeinen Unmut angesichts überbordender Bürokratie und der Frage, ob sich harte Arbeit überhaupt noch lohnt, wenn es gleichzeitig üppige Bürgergeld-Leistungen gibt.“ (lem)

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