zum Hauptinhalt
Die Zahl der allein Lebenden ist in Deutschland auf einem Rekordhoch.

© dapd

Allein zu Haus: Single als Lebensmodell?

Die Zahl der Ein-Personen-Haushalte in Deutschland ist so hoch wie nie. Als überzeugte Singles sehen sich aber nur zehn Prozent der Befragten. Was also sind die Gründe für das Alleinsein?

Von

Nur ein kurzfristiger Trend – oder langfristige Entwicklung und sogar Umbruch in unseren gesellschaftlichen Realitäten? Die Zahl der allein Lebenden ist in Deutschland auf einem Rekordhoch. Insgesamt wohnten 2011 nach Erkenntnissen des Bundesamtes für Statistik rund 15,9 Millionen Menschen in der Bundesrepublik allein. Dies ist ein Anstieg von 40 Prozent im Vergleich zu 1991. Und in Berlin ist diese Entwicklung in ganz besonderer Weise spürbar.

Wie verteilen sich Ein-Personen-Haushalte in Deutschland?

Deutsche Singles wohnen seltener auf dem Land, sondern häufiger in größeren Städten. In Großstädten mit mehr als 500 000 Einwohnern lebten im Jahr 2011 zirka ein Drittel der Bevölkerung allein. Grund dafür ist nach Aussagen von Thomas Haustein vom Statistischen Bundesamt die Attraktivität der Großstädte. Sie punkten mit einer besseren Infrastruktur und einem großen Kultur- und Freizeitangebot, aber auch mit einer besseren ärztlichen Versorgungsstruktur für ältere allein Lebende. Die größten Single-Städte sind demnach Hannover, gefolgt von Berlin, Leipzig und München. Vergleicht man die Bundesländer, führen die Stadtstaaten Berlin mit 31 Prozent, Hamburg und Bremen mit jeweils 28 Prozent die Tabelle an. Die wenigsten allein Lebenden wohnen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. In Ostdeutschland leben mit 3,7 Millionen weniger Menschen alleine als in Westdeutschland mit 12,1 Millionen. Die Zahl der allein Lebenden in Ostdeutschland steigt jedoch rasant – seit der Wiedervereinigung um 57 Prozent. In Westdeutschland stieg die Zahl nur um 35 Prozent.

2011 waren 60 Prozent der allein lebenden Männer im Alter von 35 bis 64 Jahren echte „Junggesellen“, die noch nie verheiratet waren. Bei Frauen war dieser Anteil mit 42 Prozent deutlich niedriger.

Was die Zahl der Alleinlebenden angeht, ist Deutschland europaweit unter den Spitzenreitern.
Was die Zahl der Alleinlebenden angeht, ist Deutschland europaweit unter den Spitzenreitern.

© Statistisches Bundesamt

Was weiß man über die soziale Lage der Singles?

Allein Lebende finanzieren sich hauptsächlich durch die eigene Arbeit. Jedoch sind 17 Prozent der 35- bis 64-Jährigen auf Sozialleistungen wie Hartz IV oder Arbeitslosengeld angewiesen. Nach den allein Erziehenden sind sie der Haushaltstyp mit der höchsten Armutsgefährdungsquote. Allein lebende Männer im mittleren Alter arbeiten weniger häufig als Männer im gleichen Alter, die nicht allein leben. Während von den Singles 74 Prozent arbeiten, sind es bei den nicht alleine Lebenden 85 Prozent.

Bei Frauen gibt es keinen Unterschied. Single-Frauen haben jedoch besonders häufig Führungspositionen inne. Der Anteil an Führungskräften liegt bei ihnen bei 17 Prozent, während nur 13 Prozent der nicht allein lebenden Frauen in Führungspositionen arbeiten.

Wie wohnen Deutschlands Singles?

70 Quadratmeter – so groß sind durchschnittlich die Wohnungen der allein Lebenden in Deutschland. Rechnet man diese Größe in Wohnraum pro Person um, haben sie überdurchschnittlich viel Platz zur Verfügung. Denn durchschnittlich stehen jedem Einwohner bei einer Wohnfläche von 92 Quadratmetern zirka 45 Quadratmeter zur Verfügung. Zwar haben Singles größere Wohnungen, sie sind aber häufiger Mieter. Nur rund ein Drittel der allein Lebenden sind Besitzer ihrer Wohnung, während zirka die Hälfte der Zwei-Personen-Haushalte in ihren eigenen vier Wänden wohnt.

Sind wir auf dem Weg in die Single-Gesellschaft?

Sicherlich sei bei jüngeren Menschen ein gewisser Trend zum Single-Dasein zu verzeichnen, sagt Andrea Lengerer vom Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Mannheim dem Tagesspiegel. Ein Grund liege etwa in der Bildungsexpansion bei Frauen. Sie seien zunehmend ökonomisch unabhängig und lebten deshalb häufiger nicht in einer Lebensgemeinschaft. Insgesamt werde später eine feste Partnerschaft eingegangen oder geheiratet, so dass dies statistisch zu Buche schlage.

Im Städtevergleich rangiert Berlin bei der Zahl der Alleinlebenden an zweiter Stelle.
Im Städtevergleich rangiert Berlin bei der Zahl der Alleinlebenden an zweiter Stelle.

© Statistisches Bundesamt

Aber die Soziologin warnt davor, aus den Daten der Statistiker voreilige Schlüsse zu ziehen. So bezögen sich die Daten lediglich auf Ein-Personen-Haushalte. Das allein sage aber noch nichts über mögliche Partnerschaften aus. Bereits in den Altersgruppen ab Mitte 40 nehme bei Frauen die Chance, in einer Partnerschaft zu leben, seit Jahren deutlich zu, sagte Lengerer. Das habe vornehmlich demografische Ursachen. Schon bei den Geburtsjahrgängen ab 1930 sei der über viele Jahre spürbare Männer-Mangel aufgrund der Kriegsgeneration nicht mehr zu verzeichnen. Dass deutlich mehr Frauen im höheren Lebensalter allein lebten, habe vor allem mit deren höherer Lebenserwartung zu tun.

Insgesamt müsse man zur Kenntnis nehmen, dass im mittleren Erwachsenenalter zwischen 35 und 50 Jahren rund 80 Prozent der Menschen in Partnerschaften lebten. Diese seien vielleicht nicht mehr so stabil wie früher und auch die Ehe verliere als Institution an Attraktivität. Doch auch in Umfragen zeige sich deutlich, dass für die Menschen in nahezu allen Lebensaltern die Partnerschaft immer noch ein bedeutsamer Wert sei. Die Soziologin warnte vor einem Single-Alarmismus.

Was sagen die Umfragen?

66 Prozent der Deutschen glauben an die Liebe fürs Leben. Das sagt zumindest eine aktuelle Allensbach-Umfrage. Als überzeugte Singles sehen sich demnach nur zehn Prozent der Befragten. Das Singleleben sei somit nur von einer Minderheit als langfristiges Lebensziel gewünscht. Zwei Drittel der Befragten sind überzeugt, dass sie nur mit einem Partner den Rest ihres Lebens glücklich werden können.

Wie steht Deutschland im europäischen Vergleich da?

In Europa leben nur in Schweden mehr Menschen in Ein-Personen-Haushalten als in Deutschland. Nordeuropäische Länder wie Finnland und Dänemark stehen mit einer Anzahl von 19 Prozent allein Lebender an dritter und vierter Stelle. Im europäischen Durchschnitt der 27 EU-Staaten leben 13 Prozent aller Menschen allein. In den südlichen Ländern Zypern und Malta leben besonders wenige Menschen allein, nur sechs Prozent. Dies sind die Schlusslichter in Europa.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false