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Politik: Benzinpreise: Der Weiche wird hart: Lionel Jospins Alleingang war ein Fehler - im Truckerstreit hätte er die EU einschalten müssen

Der französische Premierminister hat "seinen" Truckerstreik noch lange nicht verdaut. Zwar hat Lionel Jospin die französische Krise - mit der bekanntlich die ganze europäische Streikbewegung anfing - vergleichsweise schnell und problemlos gelöst.

Der französische Premierminister hat "seinen" Truckerstreik noch lange nicht verdaut. Zwar hat Lionel Jospin die französische Krise - mit der bekanntlich die ganze europäische Streikbewegung anfing - vergleichsweise schnell und problemlos gelöst. Der pragmatische Sozialist machte schon am vierten Streiktag die Brieftasche auf und verhinderte so, dass es zu landesweiten Versorgungs-Engpässen kam wie in England oder zu wochenlangen Blockaden wie unter seinem glücklosen Vorgänger Alain Juppé Zugleich bewies Jospin eine für Pariser Verhältnisse ungewöhnliche Härte, indem er weitere Zugeständnisse an noch mehr Interessengruppen kategorisch ablehnte.

Paradoxerweise ist es diese relative Härte, die Jospin immer noch den Schlaf raubt. Denn die Franzosen haben es ihrem Premier bis heute nicht verziehen, dass er die Spritsteuern nicht großzügiger gesenkt hat. Sie bestrafen den erfolgsverwöhnten Regierungschef nicht nur mit Liebesentzug, sie halten zudem den Druck mit immer neuen Protesten und Forderungen aufrecht. Jospin sah sich deshalb gezwungen, eine Senkung der Mineralölsteuern "für alle" einzuleiten. In dem gestern vorgelegten Budgetentwurf schlägt diese Senkung mit drei Milliarden Francs (1 Milliarde Mark) zu Buche. Zuvor hatte Jospin den Protestlern bereits drei Milliarden in den Rachen geworfen. Rechnet man die Abschaffung der Kfz-Steuer und Erleichterungen beim Heizöl hinzu, sparen die französischen Ölverbraucher mehr als 20 Milliarden Franc.

Aus ökologischer Sicht sind diese Subventionen kaum zu vertreten. Die französischen Grünen haben auf dem Höhepunkt der Krise denn auch mit dem Bruch der Koalition gedroht. Volkswirtschaftlich sieht die Sache indes anders aus. Eine explodierende Energierechnung kann die Inflation anheizen, wie die Europäische Zentralbank mahnt. Und sie kann - dies war der Auslöser der Blockaden - mittelständische Unternehmen in den Ruin treiben. Zeitlich befristete Entlastungen sind daher durchaus zu vertreten. Hinzu kommt: Es ist schwerlich einzusehen, dass der Staat via Mehrwertsteuer als erster von der Inflation an der Tankstelle profitiert. Der geplante Abschlag bei der französischen Mineralölsteuer macht deshalb volkswirtschaftlich durchaus Sinn.

Dennoch bleibt ein Vorwurf: Die Pariser Regierung hätte nicht im Alleingang handeln dürfen, sondern sich mit ihren EU-Partnern abstimmen müssen. Schließlich fordern die französischen Trucker eine Harmonisierung der Mineralölsteuern auf EU-Ebene. Diese legitime Forderung hätte Jospin aufgreifen müssen, gerade weil Frankreich derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Allerdings wäre für eine französische Initiative ein Entgegenkommen der EU-Partner nötig gewesen. Und das ist nicht in Sicht, wie ein Blick nach England oder Deutschland beweist.

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