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Vernunftpartner. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und der Parteilinke Ralf Stegner haben sich zusammengerauft. Foto: Bodo Marks/dpa

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Berliner Kreis: Angekommen, um zu bleiben

Die gestärkte SPD-Linke organisiert sich als Berliner Kreis neu und stellt Forderungen an Peer Steinbrück. Die lange einflussreiche Gruppe "Forum Demokratische Linke 21" will sich jetzt gegen die drohende Entmachtung wehren.

Von Hans Monath

Nach ihrem erfolgreichen Kampf um die Verankerung linker Positionen in der SPD will sich die sozialdemokratische Linke nun auch in der Personalpolitik stärker durchsetzen. Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl haben führende Parteilinke mit dem Berliner Kreis eine neue, schlagkräftigere Organisation geschaffen. Zwar versichern die Gründer, sie wollten anderen, älteren Zusammenschlüssen der Parteilinken keine Konkurrenz machen. Tatsächlich aber droht der lange einflussreichen Gruppe „Forum Demokratische Linke 21“ ( Forum DL 21) die völlige Entmachtung, wogegen sich deren Vorsitzende Hilde Mattheis wehren will.

„Niemand in der SPD bestreitet, dass die Linke in der Partei inhaltlich an Einfluss gewonnen hat“, sagt Ralf Stegner, einer der drei Sprecher des neuen Kreises. „Doch personell ist der Einfluss der Linken in der SPD bislang begrenzt, das wollen wir ändern.“ Die erste öffentliche Forderung des Kreises lautete denn auch, er müsse in einer SPD-geführten Bundesregierung vertreten sein. Schon früh hatte die Parteilinke dem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück deutlich gemacht, dass sie für ihre Unterstützung im Wahlkampf handfeste Gegenleistungen erwartet.

Berliner Kreis: "Ein Netzwerk von Parteilinken"

Stegner, der die Landespartei und die Fraktion in Schleswig-Holstein führt, ist der profilierteste und einflussreichste unter den drei Sprechern der neuen Gruppe. Die anderen sind die sachsen-anhaltische Fraktions- und Landeschefin Katrin Budde sowie Juso-Chef Sascha Vogt. Kritiker unterstellen dem 53-jährigen Stegner, es gehe ihm mit der Neugründung nur um die Ausweitung des eigenen Einflusses.

Tatsächlich war Stegner als Sprecher der Parteilinken im Parteivorstand schon bislang für jede Kompromissfindung der SPD etwa vor Parteitagen entscheidend, würde aber künftig auch noch für die Linke in den Ländern sprechen. Parteichef Sigmar Gabriel schätzt seine Verlässlichkeit. Kandidat Steinbrück und der Schleswig-Holsteiner, früher in offener Gegnerschaft verbunden, haben längst ein Arbeitsverhältnis aufgebaut und reden nicht mehr schlecht übereinander.

Die neue Gruppe beschreibt Stegner als „ein Netzwerk von Parteilinken, die demokratisch legitimiert sind oder politische Verantwortung haben“. Sie vereine SPD-Linke aus dem Parteivorstand, aus Landesverbänden, Arbeitsgemeinschaften und auch aus Regierungsfunktionen. Tatsächlich reagieren die Gründer des Berliner Kreises, zu denen auch SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles gehört, auf den Bedeutungsverlust des Forums DL 21. Die Bundestagsabgeordneten dieses Flügels sind in einem eigenen Kreis („Parlamentarische Linke“) organisiert.

Hilde Mattheis: Knallhart und selten kompromissbereit

Ins Trudeln geriet das Forum DL 21 mit der umstrittenen Wahl seiner Vorsitzenden Hilde Mattheis vor eineinhalb Jahren, bei der sie sich nur knapp gegen die zuvor favorisierte Ex-PDS-Politikerin Angela Marquardt durchsetzte. In der Folge profilierte sich Mattheis mit knallharten linken Forderungen, zeigte sich aber selten kompromissbereit. Das befremdete zunehmend linke Sozialdemokraten in Verantwortung, die mehr an der Veränderung der Wirklichkeit als an der Verkündung der reinen Lehre interessiert sind. „Oppositionslinke“ und „Regierungslinke“, heißen diese Gruppen in der SPD.

Den Anspruch der Neugründer empfindet Mattheis als Kampfansage. „Die Stärke der Linken in der SPD kam immer aus ihrer Vielfalt“, hält sie dagegen. Gleichzeitig stellt sie die Berechtigung des Berliner Kreises infrage, die Linke zu repräsentieren. Auf der Frühjahrstagung des Forums DL 21 in Mainz am Wochenende, so kündigt sie an, solle über die Neugründung debattiert werden – „auch über deren demokratische Legitimation“.

Erfolg des Berliner Kreises kaum aufzuhalten

Ob eine DL-21-Misstrauenserklärung gegen den Berliner Kreis dessen Erfolg noch aufhalten kann, scheint allerdings fraglich. Denn namhafte Linke wie etwa der bayerische Landesvorsitzende Florian Pronold, der Berliner Staatskanzleichef Björn Böhning oder Niels Annen aus Hamburg gehen im Vertrauen auf die gestärkte Schlagkraft des neuen Kreises auf Distanz zur DL 21, wie es in der SPD heißt. Sogar bisherige stellvertretende DL-Vorsitzende wollen zur Frühjahrstagung in Mainz gar nicht mehr anreisen und folglich nicht mehr kandidieren. Sie überlassen das Forum seinem Schicksal.

Schon Anfang des Jahres hatte Steinbrück sich mit seinen ehemaligen Kritikern von der Parteilinken mehrfach zusammengesetzt und ausführlich beraten. Auch der Berliner Kreis will ihn nun sehen. „Wir wollen Peer Steinbrück einladen und das Gespräch mit ihm fortsetzen“, kündigt Stegner an. Der Kandidat wird kaum umhinkommen, die Einladung anzunehmen.

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