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Kurz vor Weihnachten besuchte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in Litauen.

© dpa/Kay Nietfeld

Bundeswehrbrigade in Litauen: Heeresinspekteur soll massive Zweifel an Plänen von Pistorius haben

Rund 5000 Bundeswehrangehörige sollen ab 2027 dauerhaft in dem baltischen Land präsent sein. Einer der höchsten Generäle zeigt sich einem Bericht zufolge äußert besorgt über die Folgen.

Deutschland will bis 2027 einen gefechtsbereiten und eigenständig handlungsfähigen Verband in Litauen stationieren. Ein entsprechender Fahrplan für den Aufbau einer solchen Brigade war am 18. Dezember unterzeichnet worden. Vorgesehen ist eine dauerhafte Präsenz von bis zu 5000 Bundeswehrangehörigen. 

Einem Medienbericht zufolge gibt es aber in der Bundeswehr massive Zweifel an der Umsetzung der Pläne von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Wie der „Spiegel“ schreibt, warnt Heeresinspekteur General Alfons Mais in einer internen Mail, dass die neue Brigade ohne milliardenschwere Investitionen nicht zu stemmen sei, wenn die Bundeswehr an der Heimatfront nicht massiv geschwächt werden solle. Das Schreiben liegt dem Magazin nach eigenen Angaben vor.

Dem Bericht zufolge wendet sich Mais in der Mail an Generalinspekteur Carsten Breuer und fordert, das Ministerium müsse trotz der gerade erst angelaufenen Planungen für die Brigade dringend über Investitionen für das Projekt nachdenken. Als Grund nennt er die prekäre Lage des Heers.

Ich komme leider nicht umhin, erneut zu betonen, dass die materielle Ausstattung des Heeres gemessen an seinen Aufträgen ab 2025 aktuell mehr als grenzwertig und trotz aller positiver Anstrengungen auch zukünftig unterfinanziert ist.

General Alfons Mais, Heeresinspekteur

„Ich komme leider nicht umhin, erneut zu betonen, dass die materielle Ausstattung des Heeres gemessen an seinen Aufträgen ab 2025 aktuell mehr als grenzwertig und trotz aller positiver Anstrengungen auch zukünftig unterfinanziert ist“, schreibt Mais demnach.

Das Blatt zitiert den Inspekteur weiter: „Die Decke ist einfach zu dünn.“ Das Heer sei über alle Materialkategorien – „von A wie Artilleriegeschütz bis Z wie Zeltbahn“ – nur zu 60 Prozent ausgestattet. Wenn die neue Brigade für Litauen nun aus dem laufenden Betrieb gestemmt würde, prophezeit Mais drastische Folgen. „Die Aufstellung eines neuen Großverbandes ohne zusätzliche Investitionen“, warnt er, „wird diese Quote auf 55 Prozent absinken lassen“.

Mais spielt in seinem Brandbrief darauf an, dass die materielle Ausstattung der neuen Brigade für Litauen bisher nicht in den Kostenaufstellungen des Ministeriums von Boris Pistorius für die kommenden Jahre auftaucht. Konkret sei es an der Zeit, die Kosten für die Brigade „in Gänze haushaltsseitig abzubilden“.

Hintergrund der Skepsis beim Heer sind dem Bericht zufolge die absehbaren Details der Aufstellung des Verbands. Zwei Kampftruppenbataillone aus Bayern und Nordrhein-Westfalen sollen als Kern der neuen Brigade verlegt werden.

Drittes Bataillon wird der multinationale Nato-Gefechtsverband (eFP battle group) in Litauen, der schon unter Führung Deutschlands in dem baltischen Staat ist und rotierendes Personal hat.

Dazu kommen Logistiker, Sanitätssoldaten, Kommunikationsexperten und Verwaltungskräfte. Nach der formalen Aufstellung der neuen Brigade im Jahr 2025 sollen vor allem bis zum Jahr 2026 das Material und die Zahl der Truppen wachsen. 

Genaue Kosten für Bundeswehr in Litauen werden noch geprüft

Beim Heer wird nach Angaben des Magazins schon länger betont, dass die neue Brigade weitere Unterstützungseinheiten wie Panzerpionierkompanien benötige, für deren Material bisher keine Haushaltsmittel vorgesehen sind. Folglich habe das Ministerium „ersten Eindrücken entgegenzutreten, das Heer müsse die zusätzlichen Bedarfe aus seinem Bestand bzw. den bisherigen Planungsständen ohne die Brigade Litauen“ generieren, fordert Mais.

Genaue Angaben zu den nötigen Waffenkäufen und den Kosten des Vorhabens werden noch geprüft, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete. Pistorius sagte demnach, in Deutschland koste eine Brigade pro Monat 25 bis 30 Millionen Euro.

Die beiden Staaten verpflichten sich in ihrem Grundsatzdokument, Bedingungen zu schaffen, dass Bundeswehrangehörige ihre Familien mitbringen können. Die Soldaten sollen sich auf dem freien Wohnungsmarkt Quartier beschaffen können oder in neuen Wohnvierteln, die entwickelt werden sollen. 

Deutschlands Truppenstationierung in dem Land ist für die Litauer vor allem nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine eine gewünschte Rückversicherung der Beistandsverpflichtung. „Die Bedrohung ist groß und egal wie wir den Zeitrahmen einschätzen, wir müssen uns vorbereiten“, sagte der litauische Verteidigungsminister Arvydas Anusauskaser.

Litauen grenzt an das mit Russland verbündete Belarus sowie an die russische Ostsee-Enklave Kaliningrad. Zwischen beiden verläuft ein schmaler Landkorridor nach Westen - die sogenannte Suwalki-Lücke, um die es im Falle eines Angriffs zu Kämpfen kommen könnte. (lem)

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