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Thorsten Frei (CDU) spricht im Bundestag (Archivbild).

© dpa/Soeren Stache

Update

CDU-Politiker Frei zur Migrationspolitik: „Die Regierung darf den Menschen nicht länger etwas vormachen“

Am Montag will das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die jüngsten Asylbewerberzahlen veröffentlichen. Auch wenn die Zahlen im Winter zurückgehen, bedeutet das nicht zwangsläufig eine Trendumkehr.

Viele Flüchtlinge aus der Ukraine wollen inzwischen in Deutschland bleiben. Hinzu kommen die weiter hohen Zahlen von Asylbewerbern. Angesichts dieser Entwicklung warnt der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), davor, dass „die Gesellschaft an die Grenzen der Aufnahmefähigkeit“ gerät und „sie auch schon vielerorts überschritten“ hat.

„Die Bundesregierung darf den Menschen nicht länger etwas vormachen“, sagte Frei dem Tagesspiegel weiter. „Die anhaltende Flüchtlingskrise lässt sich mit den halbherzigen Ankündigungen der Ampel-Koalition nicht lösen“, kritisierte er.

Am Montag gab das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) die Asylbewerberzahlen für Dezember bekannt. Laut den zuletzt vom Bamf vor einem Monat veröffentlichten Zahlen hatten zwischen Anfang Januar bis Ende November 304.581 Ausländer erstmalig einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Im Dezember kamen noch einmal 23.025 Erstanträge hinzu. Damit haben rund 329.000 Menschen in Deutschland im vergangenen Jahr einen Erstantrag auf Asyl gestellt.

Der Präsident des Bundesamtes, Hans-Eckhard Sommer, erklärte angesichts der Zahlen: „Fast 330.000 Asylerstanträge in einem Jahr, mit Folgeanträgen sogar mehr als 350.000, mehr waren es nur in den Jahren 1992, 2015 und 2016. Es gibt allerdings einen entscheidenden Unterschied zu diesen Jahren: Durch den automatisierten Datenaustausch und die gute Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden wissen wir bei den Asylsuchenden heute genau, wer ins Land kommt.“  

Im Vormonat hatte das Bamf noch 35.316 Erstanträge registriert. Ob sich angesichts der niedrigeren Dezember-Zahlen ein längerfristiger Trend mit sinkenden Antragszahlen abzeichnet, ist offen. Seit der Flüchtlingskrise von 2015 sei in den Wintermonaten regelmäßig zu beobachten, dass über die Mittelmeer- und die Landrouten weniger Migranten kämen, gab Andreas Roßkopf, Vorsitzender des Bezirks Bundespolizei bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), zu bedenken.

Verstärkte Grenzkontrollen zeigen Wirkung

Zudem zeigten auch die außerhalb Deutschlands verstärkten Grenzkontrollen in EU-Ländern wie der Slowakei Wirkung, sagte Roßkopf weiter. „Es gibt allerdings die Erwartung, dass sich die Flüchtlingsrouten verlagern werden“, schränkte er ein. So gebe es Hinweise darauf, dass unter anderem jene Route neu aktiviert werde, über die Migranten von Russland und Weißrussland in die EU eingeschleust werden.

Nach einer Einschätzung der EU-Asylagentur wird die Zahl der Asylbewerber in Europa im vergangenen Jahr bei über einer Million liegen. Dass Deutschland dabei innerhalb der EU das wichtigste Zielland für Migranten ist, ging beispielsweise aus einer Aufstellung der EU-Asylagentur für den vergangenen Oktober hervor. Seinerzeit wurden in Deutschland mit knapp 34.000 Erst- und Folgeanträge mehr Anträge als in Frankreich (17.000) und Italien (16.000) zusammengenommen registriert.

Infrastruktur ist auf derartigen Massenzustrom nicht eingerichtet

Unions-Parlamentsgeschäftsführer Frei wies darauf hin, dass sich neben den Asylbewerbern nach den Angaben des Ausländerzentralregisters derzeit mehr als 1,1 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland aufhalten. Anders als zu Beginn des Ukraine-Krieges gäben viele Flüchtlinge nun an, langfristig in Deutschland bleiben zu wollen, sagte der CDU-Politiker weiter. „Es fehlt nicht allein an Wohnungen. Unsere gesamte Infrastruktur ist auf einen derartigen Massenzustrom nicht eingerichtet“, so Frei.

Ukrainische Flüchtlinge nach ihrer Registrierung in der Orangerie der Biosphäre in Potsdam.
Ukrainische Flüchtlinge nach ihrer Registrierung in der Orangerie der Biosphäre in Potsdam.

© dpa/Soeren Stache

Mit Blick auf die Asylbewerberzahlen sagte er, dass es nicht ausreiche, „die Hände in den Schoß zu legen“ und darauf zu hoffen, dass sich die Reform des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (GEAS) „irgendwann mal auswirkt“. „Wir müssen sofort handeln“, verlangte Frei. Er bekräftigte seinen Vorschlag, das individuelle Grundrecht auf Asyl abzuschaffen und stattdessen ein Kontingent zur Aufnahme von 300.000 bis 400.000 Menschen pro Jahr in Europa einzurichten. 

„Außerdem sollten die Verfahren für Asylbewerber nicht länger in Europa, sondern in einem sicheren Drittstaat durchgeführt werden“, verlangte Frei. „Wer aus politischen Gründen flüchtet, hat Anspruch auf Schutz. Dieser Schutz muss aber nicht zwangsläufig in Europa gewährleistet werden.“

Nach dem Beschluss der letzten Bund-Länder-Gipfel vom November soll die Bundesregierung prüfen, ob Asylverfahren in Drittstaaten möglich sind. Allerdings herrscht in diesem Punkt vor allem zwischen Grünen und Liberalen Uneinigkeit: Die Grünen lehnen die Prüfung von Asylanträgen in Drittstaaten, die gelegentlich auch als „Ruanda-Modell“ bezeichnet wird, ab. Dagegen hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stephan Thomae, erklärt, die Drittstaatenlösung könnte „ein entscheidender Hebel sein, um irreguläre Migration zu reduzieren“.

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