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Wulff

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Christian Wulff: Ruf! Mich! An!

Christian Wulff will Ministerpräsident in Hannover bleiben – es sei denn, die Chefin holt ihn nach Berlin.

Es gab Zeiten im politischen Leben von Christian Wulff, da trat er forsch auf. Als Helmut Kohl noch Kanzler war, galt der heutige Ministerpräsident von Niedersachsen als „junger Wilder“. In diesen Tagen nun ist der CDU-Politiker das Kontrastbild zur damaligen Erscheinung: Abgeklärt wirkt er, nachdenklich und bescheiden, zeitweise ein bisschen müde. Der Regierungschef aus Hannover hat eine ganze Reihe von Interviews gegeben, und die Botschaft war überall die gleiche: Er wolle Ministerpräsident bleiben und nicht Minister in Berlin werden, auch nicht Bundesvorsitzender der CDU oder Bundeskanzler. „Mir fehlt der unbedingte Wille zur Macht und die Bereitschaft, dem alles unterzuordnen“, sagte Wulff dem Magazin „Stern“. Das Amt des Kanzlers traue er sich deshalb gar nicht zu – er sei eben „kein Alphatier“.

Diese klare Aussage ist kein Zufall. Wulff ist bemüht, zu Beginn der Sommerpause sich selbst aus den Spekulationen zu nehmen. In einem möglichen CDU- Sommertheater möchte Wulff keine Rolle spielen. Dabei sind die Aussagen von ihm wie so oft ambivalent. Wenn er etwa dem „Stern“ sagt: „Auf mich wartet in Berlin niemand“, dann klingt das nicht nur wie eine Absage an die Bundespolitik, sondern auch wie eine Kritik an Kanzlerin Angela Merkel.

Womöglich hätte der Ministerpräsident es lieber gesehen, wenn Merkel sich stärker auf seine Mithilfe in der Union stützen würde. Immerhin ist Wulff nach der Wahlniederlage von Roland Koch in Hessen der wohl wichtigste Stellvertreter der CDU-Vorsitzenden, und seine Bereitschaft, in der Bundespolitik stärker mitzuwirken, hatte er im Frühjahr signalisiert. Als sich Wulff entschied, den CDU- Landesvorsitz in Niedersachsen an den Landtagsfraktionsvorsitzenden David McAllister abzutreten, verband er das mit der Aussage, sein Amt als Merkel- Stellvertreter in Berlin nun stärker wahrnehmen zu wollen. Weil dies voraussetzt, dass Merkel ihn einbindet, wartet Wulff nun vergeblich.

In Wulffs Umfeld wird kritisch bemerkt, dass die Bundeskanzlerin sich in ihrem Führungsstil auf wenige Vertraute stützt wie Fraktionschef Volker Kauder und CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Starke und profilierte Figuren in der Union werden allerdings an Merkels Seite nicht sichtbar. Die Stärke der Christdemokraten, heißt es im Wulff-Lager, habe aber immer auf der enormen Bandbreite beruht. Starke Persönlichkeiten der Sozialausschüsse, des Wirtschaftsflügels, der liberalen Großstädter und der Konservativen aus ländlichen Gegenden müssten der Partei vor der wichtigen Bundestagswahl im kommenden Jahr eine Prägung geben.

Wenn Wulff nun beteuert, gar nicht in die Bundespolitik zu wollen, dann entspricht er damit allerdings auch dem gegenwärtigen Machtgefüge. Ein gutes Jahr vor der Bundestagswahl steht die Kanzlerin stärker da als zuvor, sie dürfte wieder Spitzenkandidatin werden. Ob nach einem möglichen CDU-Sieg bei der Wahl, an der Seite der FDP oder wieder der SPD Wulff als Bundesminister in Betracht kommt, ist gegenwärtig pure Spekulation. Mit seiner demonstrativen Bescheidenheit, die er jetzt an den Tag legt, verbaut sich Wulff die Chancen für diesen Weg nicht. Gleichzeitig hat er das Feld in Niedersachsen so geordnet, dass jederzeit der von ihm gewünschte Nachfolger in die Fußstapfen treten könnte – David McAllister. Wulffs Aussage, er wolle für die Landtagswahl 2013 erneut kandidieren, soll all jene beruhigen, die Wulffs kurzfristigen Wechsel auf die Berliner Bühne befürchtet hatten. Dabei ist klar: Wer Wulff will, der muss ihn rufen.

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