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Wird kämpferischer im Ton: Hillary Clinton

© AFP/Getty Images/Justin Sullivan

US-Präsidentschaftswahl: Clinton schwächt Schmähung der Trump-Anhänger ab

"Rassisten, Sexisten, Ausländerfeinde": Hillary Clinton zieht mächtig vom Leder gegen die Fans von Donald Trump. Dann rudert sie zurück - etwas zumindest.

Der Ton im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf wird merklich rauer. Die Favoritin Hillary Clinton, seit kurzem durch sinkende Umfragewerte unter Druck, sorgt mit mit einer Beleidigung von Anhängern ihres Rivalen Donald Trump für Aufregung. Doch Clinton erhält auch Beifall: ein Zeichen dafür, wie polarisiert Amerika im Wahljahr ist.

Die 68-jährige Demokratin, der bisher meistens vorgeworfen wurde, zu vorsichtig und zu wenig spontan zu formulieren, zog bei einer Wahlkampfspenden-Veranstaltung am Freitagabend in New York vom Leder. „Man könnte die Hälfte der Trump-Unterstützer in den ‚Topf der Beklagenswerten‘ stecken, wie ich es nenne“, sagte sie: „Rassisten, Sexisten, Homophobe, Ausländerfeinde, Islamfeinde, was Sie wollen. Leider gibt es solche Leute.“ Einigen von diesen sei „nicht mehr zu helfen“.

Am Tag danach entschuldigte sich die Politikerin für ihre „grobe Verallgemeinerung“ und ging nun den Republikaner Trump persönlich an, statt dessen Wähler zu attackieren. Wirklich beklagenswert sei, dass der Milliardär rechtsnationale Eiferer um sich schare und seinen Wahlkampf auf „Vorurteilen und Verfolgungswahn“ aufbaue.

Erinnerung an Mitt Romney

Trump erklärte, Clinton habe Millionen von Amerikanern schwer beleidigt. Sein Kandidat für das Vizepräsidentenamt, Mike Pence, sprach Clinton die Befähigung für das höchste Staatsamt ab. Der republikanische Parteivorsitzende Reince Priebus warf Clinton vor, bei einem Treffen mit reichen Geldgebern abfällig über amerikanische Normalbürger gesprochen zu haben.

In den Medien wurde Clintons Wählerbeschimpfung mit einem rhetorischen Ausrutscher des Republikaners Mitt Romney verglichen, der vor vier Jahren gegen Präsident Barack Obama unterlag. Der schwerreiche Romney hatte erklärt, er kümmere sich nicht um jene 47 Prozent aller Amerikaner, die auf staatliche Hilfen angewiesen seien. Obama reagierte damals mit dem Hinweis, ein Präsident müsse für alle Amerikaner da sein – genüsslich verbreitete Trump nun Obamas entsprechenden Twitter-Beitrag von 2012.

Es ist aber nicht sicher, ob sich der „Topf der Beklagenswerten“ für Clinton als ähnlich schwerer Fehler entpuppen wird, wie es die „47 Prozent“ für Romney waren. So ist fraglich, ob die Bemerkung viele Wähler in ihrer Abstimmungsentscheidung für oder gegen die Ex-Außenministerin beeinflussen wird. Clinton- und Trump-Anhänger werden ohnehin bereits durch tiefe Gräben getrennt.

Clinton wird kämpferischer

Clinton erntet sogar Beifall. Ihre Bemerkung sei zwar politisch unkorrekt, aber nicht falsch, schrieb der Journalist Ta-Nehisi Coates im Magazin „The Atlantic“. Schließlich sei durch Umfragen belegt, dass drei von vier Trump-Wählern ein generelles Einreiseverbot für Muslime befürworteten, und dass 40 Prozent von ihnen überzeugt seien, Afro-Amerikaner seien fauler, krimineller und gewalttätiger als Weiße. Zwei Drittel der Trump-Anhänger glaubten zudem nach wie vor, dass Obama kein Amerikaner sei. Solche Behauptungen seien keine Nebenerscheinungen des Trump-Wahlkampfes, sondern dessen treibende Kräfte.

Auch Clinton selbst verwies im Text ihrer Entschuldigung darauf, dass der frühere Chef des rassistischen Ku-Klux-Klans, David Duke, die Kandidatur von Trump unterstützt. Sie werde auch weiterin Intoleranz und Rassismus beim Namen nennen.

Trumps Aufstieg als Kandidat der Republikaner stützt sich vor allem auf Wähler aus der weißen Mittelschicht mit niedrigem Bildungsgrad, die sozialen Abstieg fürchten und die Minderheiten wie Muslimen und Zuwanderern misstrauen. Der Milliardär verspricht unter anderem den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko und den Rauswurf von Millionen Migranten. Hass auf Clinton ist ein fester Bestandteil von Trumps Kampagne. „Sperrt sie ein“, skandieren seine Anhänger regelmäßig.

Laut dem jüngsten Umfrage-Durchschnitt des Polit-Portals RealClearPolitics liegt Clinton noch 2,7 Prozentpunkte vor Trump – vor einem Monat hatte der Abstand noch bis zu zehn Punkte betragen. Möglicherweise hofft die Kandidatin, mit einem betont kämpferischen Auftreten verlorenen Boden gut machen zu können. Clintons Satz über die Trump-Wähler sei überraschend gewesen, aber auch „erfrischend“, sagte ein namentlich nicht genannter Anhänger der Kandidatin dem Magazin „Politico“.

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