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Geschäftsleute: Ehepaar Schröder und Carsten Maschmeyer.

© dpa

Niedersachsen: Die Männer aus dem Partykeller

Niedersachsen rätselt über mögliche Verbindungen von politischer Macht, Geschäftsinteressen und Rotlichtmilieu. Im Mittelpunkt dabei: der Rechtsanwalt Götz von Fromberg und der Gründer des Finanzdienstleisters AWD, Carsten Maschmeyer.

Drei frühere Ministerpräsidenten aus Niedersachsen haben in den vergangenen Jahren ihren Sprung nach ganz oben geschafft. Gerhard Schröder wurde Bundeskanzler, Christian Wulff Bundespräsident und Sigmar Gabriel SPD-Chef, der Führer der größten deutschen Oppositionspartei. Häufiger ist in den vergangenen Monaten versucht worden, eine Verbindung dieser Politiker zu merkwürdigen Strukturen in der Landeshauptstadt Hannover herzustellen. Sind sie getragen oder gestützt worden von Seilschaften, die teilweise sogar anrüchig sind? Viele Vermutungen werden angestellt, viele Spekulationen verbreitet. Belegt ist wenig, aber ein fader Beigeschmack bleibt.

Zwei Namen werden immer wieder als Ausgangspunkt dieser Seilschaften genannt: der Rechtsanwalt Götz von Fromberg und der Gründer des Finanzdienstleisters AWD, Carsten Maschmeyer. Fromberg ist ein guter Netzwerker und seit vielen Jahren ein Freund von Gerhard Schröder. In seinem Partykeller haben sogenannte „Krökel-Runden“ stattgefunden, gesellige Zusammentreffen zum Tischfußballspielen. Dabei war hin und wieder auch Sigmar Gabriel zu Gast und auch Wirtschaftsgrößen und Prominente. Zu Frombergs Gästen hat Scorpions-Sänger Klaus Meine gehört, der zum Freundeskreis von Schröders Frau Doris zählt. Christian Wulff allerdings werden keine Verbindungen zu Fromberg nachgesagt, beide standen sich früher, als Wulff noch Oppositionsführer in Hannover war, sogar in herzlicher Abneigung gegenüber. Was Frombergs Ruf allerdings nachhaltig beeinflusst hat, ist seine Nähe zu Frank Hanebuth, dem Präsidenten der hannoverschen „Hell’s Angels“, einer Motorradrocker-Gruppe. Über Hanebuth, mit dem Fromberg befreundet ist und den er als Anwalt berät, heißt es, er kontrolliere mit seinen Männern das hannoversche Rotlichtviertel.

Ein anderer jedoch, der AWD-Gründer Carsten Maschmeyer, pflegt beste Kontakte zu den beiden stärksten Aufsteigern unter den früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten, Schröder und Wulff. 1998, als Schröder bei der Landtagswahl einen großen Sieg über Wulff erlebte, wurde Maschmeyer dafür ein entscheidender Anteil zugesprochen. Der Grund war, dass der AWD-Chef damals – noch anonym – am Tag vor der Landtagswahl eine Anzeigenkampagne in niedersächsischen Medien startete mit dem Titel „Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse werden“. Dies hat, wie Beobachter sagen, Wulffs CDU damals viele Stimmen gekostet und den Sieg von Schröders SPD – ein halbes Jahr vor der dann ebenfalls siegreichen Bundestagswahl – noch beflügelt.

Die Freundschaft Schröders zu Maschmeyer hält seitdem, und auf wundersame Weise ist auch zwischen Wulff und Maschmeyer eine Freundschaft gewachsen – seit der Zeit, als der Christdemokrat dann selbst Ministerpräsident in Niedersachsen wurde. Der Bundespräsident und seine Frau zählen Maschmeyer und dessen Frau, die Schauspielerin Veronika Ferres, zu ihren guten Bekannten. Als die Wulffs im vergangenen Sommer auf Mallorca Urlaub in einem Anwesen von Maschmeyer machten, gab es auch bei Politikern in Hannover den einen oder anderen Hinweis, der Bundespräsident solle doch einen klaren Trennungsstrich ziehen – denn es sei nicht vorteilhaft für das Amt des Staatsoberhauptes, wenn er mit Maschmeyers Geschäften in Verbindung gebracht werde. In Wulffs Umfeld hieß es, der Urlaub sei lange vor Wulffs Aufstieg zum Bundespräsidenten geplant gewesen, und im Übrigen sei der Politiker nur privat mit den Maschmeyers verbunden.

Doch was die Geschäfte von Maschmeyer angeht, hat es nun in den vergangenen Wochen Aufregung gegeben. Der AWD-Gründer tritt seit Jahren als großer Wohltäter und Spender in Erscheinung. Der NDR warf jetzt in einer Fernsehdokumentation die Frage auf, ob Maschmeyer sein Vermögen auf rechten Wegen angehäuft hat oder ob die Berater des Unternehmens Kunden übers Ohr gehauen hatten. Erwähnt wurden einige in die neunziger Jahre zurückreichende Fälle, in denen AWD-Mitarbeiter geschlossene Fonds und Immobilien vermittelt hatten, die sich später für die Anleger als große Verlustgeschäfte herausgestellt hatten. AWD reagierte empört, sprach von einem Imageschaden für das Unternehmen und warf dem Autor vor, wichtige Details verschwiegen und mit Unterstellungen gearbeitet zu haben.

Gegenstand des NDR-Beitrags war auch das Netzwerk, das Maschmeyer aufzubauen verstand. Sprecher von AWD ist Béla Anda, Gerhard Schröders früherer Regierungssprecher. Als Berater wurde Walter Riester genannt, der ehemalige Bundesarbeitsminister und Vater der „Riester-Rente“. Ein gemeinsames Unternehmen hat Maschmeyer mit Schröders früherem Regierungsberater Bert Rürup gegründet, der ebenfalls das Thema private Altersvorsorge begutachtet hatte. Die Frage wurde aufgeworfen, ob Entscheidungen der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder für private Renten und für die Begünstigung der Finanzwirtschaft nun unter einem anderen Licht gesehen werden müssten – wenn doch klar werde, wie eng das Beziehungsgeflecht zwischen dem damals handelnden Kanzler und Freunden wie Maschmeyer ist. Rürup und Riester haben derartige Vorwürfe strikt von sich gewiesen, Rürup betonte, die entsprechenden Gesetze seien lange formuliert gewesen, bevor er Maschmeyer kennengelernt habe.

Alles also kein Problem? Der NDR-Bericht hatte eine hohe Einschaltquote, war auch in Hannover ein großes Gesprächsthema und hat juristische Auseinandersetzungen nach sich gezogen. Ein weiterer Beleg für die Tatsache, dass die Beziehungsgeflechte in Hannover doch eine hohe Aufmerksamkeit erregen.

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