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Politik: Ein tragischer Held begibt sich auf Friedensmission

WIEN .Jedes einzelne seiner Worte wird jetzt abgewogen und interpretiert.

WIEN .Jedes einzelne seiner Worte wird jetzt abgewogen und interpretiert.Eine Friedenstruppe mit Nato-Beteiligung sei wichtige Bedingung für die Rückkehr der Flüchtlinge, sagte Albanerführer Ibrahim Rugova am Donnerstag abend erstmals in Rom wieder in Freiheit und vor versammelter Presse.Die serbischen Einheiten müßten sich aus dem Kosovo zurückziehen, fügte er noch hinzu.Einzig seine Erklärung zum Treffen mit Slobodan Milosevic berührte merkwürdig: Es sei darum gegangen, ein "Klima des Vertrauen zu schaffen".Ibrahim Rugova war schon immer ein "Präsident" ohne Staat.Zweimal haben die Kosovo-Albaner den fragilen Politiker gewählt, doch Belgrad hat die Parallelwahlen in der "Republik Kosova" nie anerkannt.Jetzt ist Ibrahim Rugova auch "Präsident" ohne Volk.Nach eineinhalb Monaten Nato-Luftangriffen haben die serbischen Einheiten einen großen Teil der Kosovo-Albaner deportiert oder zu Vertriebenen im eigenen Land gemacht.

Ibrahim Rugova gehört zu den Menschen, die man am liebsten schützend in den Arm nehmen möchte.Ob Sommer oder Winter, immer trägt er sein weinrotes Halstuch.Der Albanerführer aus dem Kosovo hat in jüngster Zeit noch zerbrechlicher gewirkt als sonst schon.Immer öfter ist aus ihm dieses nervöse, unkontrollierte Lachen herausgebrochen und hat sein immer graueres Gesicht merkwürdig verzogen.Ibrahim Rugova hat auch bei völlig unpassenden Anlässen gelacht, wie etwa beim Treffen mit Jugoslawiens Präsidenten Slobodan Milosevic.Das hat das Bild eines merkwürdig entrückten Mannes noch weiter verstärkt.Sechs Wochen lang war Ibrahim Rugova in Pristina unter Hausarrest.Mehrmals wurde Rugova seit Beginn der Nato-Luftangriffe abgeholt und "vorgeführt".Er sollte für Belgrad den "guten, gesprächsbereiten" Albaner spielen.Jetzt durfte Rugova nach Rom ausreisen, im "Einverständnis mit der jugoslawischen Regierung".

Ibrahim Rugova ist ein tragischer Held.Noch vor zwei Jahren hätte kaum ein Kosovo-Albaner es gewagt, das gemeinsame Idol zu kritisieren.Spätestens im Herbst 1997 begann sein Stern zu verblassen.Seit Anfang der 90er Jahre hatte Rugova den passiven Widerstand gegen die serbische "Besatzungsmacht" angeführt.Rugova, der Präsident ohne Staat, residierte im kleinen Pavillon hinter dem Fußballstadion.In der Tradition von Gandhi predigte er Gewaltfreiheit.Doch sein Gegenspieler war ein Autokrat.Seine Politik mußte scheitern.Vor allem die Jugend im Kosovo wurde immer ungeduldiger, wollte sich nicht länger mit dem Leben im serbischen Apartheidsstaat zufrieden geben.Im November 1997 trat die UCK ein erstes Mal in Erscheinung.Die Unterstützung für den "Präsidenten" wurde immer geringer.Die Jugend sah in den bewaffneten Rebellen die neuen Helden.STEPHAN ISRAEL

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