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Politik: Erst Libanon, später Syrien

Israels Außenministerin präsentiert in Berlin eine Prioriätenliste der Konflikte, die gelöst werden müssen

Berlin - Wenn Zippi Livni über die Probleme des Nahen Ostens redet, wird das unweigerlich zur Tour d’Horizon. Da ist die aktuelle Krise im Libanon, deretwegen Israels Außenministerin nach Europa gekommen ist. Im Hintergrund lauert der für Israel noch bedrohlichere Atomkonflikt mit dem Iran. Und dann wartet auch die Palästinenserfrage als ungelöster Urkonflikt der Region. Oft redet die Außenministerin dann von schlechten Alternativen, unter denen es gelte, die weniger negativen auszuwählen. Aber eigentlich ist sie nicht nach Europa gekommen, um Pessimismus zu verbreiten. Vielmehr will sie die Europäer überzeugen, dass sich gerade die Chance eröffnet, die Spielregeln im Libanon und im Nahen Osten insgesamt zu verändern, wie sie vor Journalisten in Berlin sagt.

Das Waffenembargo gegen Hisbollah durchzusetzen, sei „entscheidend für die ganze Region“. „Wir erwarten nicht, dass die internationale Truppe Israel verteidigt“, sagt Livni. Vielmehr gehe es darum, der libanesischen Regierung zu helfen, ihre Souveränität auf das ganze Staatsgebiet auszudehnen. Nur so könne der Libanon zu einem „normalen Staat“ werden. „Israels Interesse ist hier dasselbe wie das des Libanon.“ Die Krise habe außerdem gezeigt, das es durchaus gemeinsame Interessen der arabischen Staaten und Israels gäbe. Schließlich seien der Iran, der Sponsor der Hisbollah, und sein Atomprogramm auch eine Gefahr für andere Länder.

Zwei schwere Beschlüsse hätte sie mit ihren Kabinettskollegen in den letzten Wochen fällen müssen, sagt Livni: Zuerst der Start der Militäraktion, dann ihr Ende. „Wir haben die Militäraktion gestoppt, um der internationalen Gemeinschaft die Chance zu geben, das Problem zu lösen. Wir sind dabei ein kalkuliertes Risiko eingegangen.“

Israel steht den UN traditionell skeptisch gegenüber. „Wir sind oft unterschiedlicher Meinung“, gibt Livni zu. Sie sieht den UN-Einsatz im Südlibanon nun als Test für die Weltgemeinschaft. Und als Exempel dafür, wie es im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern weitergeht: „Natürlich wird alles, was im Libanon passiert auch beeinflussen, was wir mit der Westbank tun werden“, sagt Livni. Ihr Chef, Ministerpräsident Ehud Olmert, war schließlich mit dem Versprechen gewählt worden, weitere Teile der Westbank zu räumen. Nun gebe es aber Stimmen in Israel, die die Strategie der Rückzüge für gescheitert erklären. „Wir müssen also sicherstellen, dass wir, wenn wir uns in Zukunft aus weiteren Gebieten zurückziehen, nicht mit einer Situation wie im Südlibanon konfrontiert sind.“

Auf die Frage des Tagesspiegels, ob es nicht an der Zeit sei, Syrien einen großen Deal anzubieten: Rückgabe der Golanhöhen im Gegenzug für einen Friedensvertrag und ein Ende der destabilisierenden Rolle Syriens in der Region, antwortet Livni mit einem Nein, das man auch als leise Kritik an der deutschen Syrienpolitik verstehen kann. Ihrer Meinung nach solle man Syriens Präsidenten Baschar al Assad nicht belohnen. „Dies ist der Moment für die Peitsche“, sagt Livni. Syrien müsse verstehen, dass es gewisse Werte und Verhaltensweisen befolgen müsse, wenn es Teil der internationalen Gemeinschaft sein wolle. Die Kooperation Syriens sei auch nicht nötig, um im Südlibanon Erfolg zu haben. Dringlicher als den Konflikt mit Syrien zu lösen sei es, den Prozess mit den Palästinensern wieder zum Laufen zu bringen. Stagnation sei jedenfalls hier keine Alternative. Für Livni gibt es eine klare Reihenfolge, in der die Konflikte im Nahen Osten angegangen werden sollten: Im Moment Libanon, dann der Palästinenserkonflikt. Und dann werde man irgendwann auch mit Syrien eine Einigung finden.

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