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Breitestes Grinsen bei den Sozialdemokraten.

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Finanzmarktregulierung: SPD ist die lachende Dritte

Bundeskanzlerin Merkel bekennt sich überraschend zur Transaktionssteuer – und die SPD fühlt sich als Siegerin.

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Es kann nichts Gutes für die Koalition bedeuten, wenn Sigmar Gabriel sein breitestes Grinsen zur Schau trägt. Der SPD-Chef steht vor dem Sitzungssaal seiner Fraktion im Reichstag. Er wird gefragt, wie er die Zugeständnisse der Liberalen im Streit um die Finanztransaktionssteuer bewerte. „Dass die umgefallen sind, ist doch offensichtlich“, sagt Gabriel und strahlt. Im Weggehen dreht er sich noch einmal um. Er muss noch etwas loswerden. Der alte Spruch seines Vorgängers Franz Müntefering gelte eben doch nicht für alle Zeit, frohlockt er: „Opposition muss nicht immer Mist sein!“

Was den SPD-Chef in Hochstimmung versetzt, ist die Gewissheit, die Koalition in der Debatte um die Beteiligung der Finanzmärkte an den Kosten der Euro- Krise vor sich herzutreiben. Tatsächlich hatte Schwarz-Gelb es auf Druck der FDP noch vor knapp zwei Wochen strikt abgelehnt, eine Finanztransaktionssteuer auch nur zu prüfen. Die SPD enthielt sich daraufhin bei der Bundestagsabstimmung über die Griechenland-Hilfe.

Der Druck auf die Koalitionäre ist seither jedoch gewaltig gestiegen. Vor allem die Unionsabgeordneten sahen sich in ihren Wahlkreisen mit der Forderung konfrontiert, die „Zocker“ zur Kasse zu bitten. Und in der FDP-Führung wuchs die Angst, am Ende ganz alleine als Blockierer dazustehen und damit den Ärger und die Wut der Bürger auf sich zu ziehen.

Nun suchen Union und Liberale ihr Heil in einem Kompromiss. Die Koalitionsrunde unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einigt sich am Dienstagmorgen auf eine Lösung, die eine Finanztransaktionssteuer zumindest nicht ausschließt. In der Formulierung wird die Regierung aufgefordert, „im europäischen und internationalen Rahmen eine wirksame Finanzmarktsteuer“ durchzusetzen. Darunter kann man beides verstehen: die von der FDP bisher strikt abgelehnte Finanztransaktionssteuer oder die vom Weltwährungsfonds (IWF) empfohlene Finanzaktivitätssteuer – eine Abgabe auf Gewinne und Boni. Beide Instrumente sollen geprüft werden. Der Koalitionskompromiss sei auch als „Signal“ an die Opposition gedacht, erläutert CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich am Vormittag. Einen zusätzlichen Entschließungsantrag wie bei der Abstimmung über die Griechenlandhilfen soll es aber nicht geben.

Die Zustimmung der SPD hat sich die Koalition damit noch nicht gesichert, wie Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier am Dienstagnachmittag betonen. „Wir wollen vor allem sehen, dass diese Bundesregierung sich belastbar bereit erklärt, die Finanzmärkte an den Folgen der Krise zu beteiligen“, sagt Steinmeier vor der Fraktion. Wie die SPD am Freitag tatsächlich abstimmen wird, ist zu diesem Zeitpunkt noch offen. „Es gibt eine Möglichkeit der Zustimmung“, sagt Gabriel sibyllinisch. Dass Angela Merkel in der Unionsfraktion gleich eine geradezu atemberaubende Kehrtwende vollziehen wird, weiß er da noch nicht.

Noch am Sonntag hatte die Kanzlerin vor dem DGB ihre Skepsis gegenüber der Transaktionssteuer deutlich gemacht. Nun bekennt sie sich vor den Unionsabgeordneten ohne Wenn und Aber zu dem Instrument. Zwar werde es nicht leicht, die Steuer unter den wichtigsten Wirtschaftsnationen durchzusetzen, sagt sie. Aber im Notfall müsse man eben „Rabatz machen.“ Sollte Angela Merkel einen ähnlichen Satz an diesem Mittwoch in ihre Regierungserklärung im Bundestag einbauen – das Ja der SPD zum Euro-Rettungsschirm wäre ihr ebenso sicher wie der Spott des Genossen Gabriel.

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