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Update

Athen: Griechisches Parlament aufgelöst - Wahlen am 17. Juni

In Griechenland hat Staatspräsident Papoulias den Weg für die Neuwahlen geebnet. Gerüchte über den Vorschlag der Bundeskanzlerin, per Referendum über den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone zu entscheiden, hatten zuvor für Unruhe gesorgt.

Das griechische Parlament ist erwartungsgemäß am Samstagvormittag aufgelöst worden. Staatspräsident Karolos Papoulias unterzeichnete ein entsprechendes Dekret. Wie das Staatsradio weiter berichtete, werden die Wahlen wie geplant am 17. Juni stattfinden.

Die erst vor zwölf Tagen gewählte Volksversammlung musste am Freitag zunächst formell ein Präsidium und andere Gremien wählen, um gemäß der Verfassung aufgelöst werden zu können. Alle Bemühungen für die Bildung einer Koalitionsregierung nach den Wahlen am 6. Mai waren zuvor gescheitert. Es sei das kurzlebigste Parlament seit dem Zweiten Weltkrieg in Griechenland, berichteten griechische Medien.

Ein angeblicher Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel für ein griechisches Referendum über den Verbleib des hoch verschuldeten Landes in der Eurozone hatte zuvor in Athen für Empörung gesorgt. Die Bundesregierung wies entsprechende Angaben der Athener Übergangsregierung am Freitagabend zurück. „Wir dementieren das scharf“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter. Zuvor hatte das Büro des griechischen Interims-Ministerpräsidenten Panagiotis Pikrammenos mitgeteilt, dass Merkel vorgeschlagen habe, die griechischen Wähler zeitgleich mit den Neuwahlen am 17. Juni auch über den Euro entscheiden zu lassen. „Es ist wahr“, sagte der Sprecher der Regierung, Dimitris Tsiodras, der Nachrichtenagentur dpa. Alle griechischen Parteien seien entsprechend informiert worden.

Merkel hatte am Freitag mit dem griechischen Präsidenten Karolos Papoulias am Telefon über die dramatische Lage gesprochen. Dabei habe sie noch einmal deutlich gemacht, dass Deutschland und die europäischen Partner darauf setzten, dass nach den Neuwahlen rasch eine handlungsfähige Regierung gebildet werde, sagte Streiter.

Die griechischen Parteien reagierten empört auf die Mitteilung ihrer Regierung über den angeblichen Vorschlag der deutschen Kanzlerin. Die konservative Nea Dimokratia warf Merkel fehlendes Fingerspitzengefühl vor. „Das griechische Volk braucht kein Referendum, um zu beweisen, dass es im Euroland bleiben will. Das griechische Volk verdient aber den Respekt seiner Partner. Der heutige Vorschlag von Frau Merkel inmitten des Wahlkampfs (...) kann nicht akzeptiert werden. Sie wendet sich an das griechische Volk in der falschen Stunde mit der falschen Nachricht.“ Die sozialistische Pasok-Partei erklärte, Referenden lägen „ausschließlich in der Zuständigkeit der griechischen Regierung und des Parlaments und nicht in der Zuständigkeit der EU oder Regierungen einzelner Mitgliedstaaten“. „Es gibt keinen Grund für ein Referendum“, hieß es in einer vom Büro des Pasok-Chefs Evangelos Venizelos verbreiteten Erklärung.

Die Kommunistische Partei nannte den angeblichen Vorschlag Merkels eine „Erpressung“. „Frau Merkel interveniert grob in die Angelegenheiten des Landes“, sagte Nikos Hountis, Abgeordneter der Linksradikalen, im griechischen Fernsehen. Die Partei, die zwar für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone eintritt, aber das mit den Geldgebern vereinbarte Sparpaket wieder aufschnüren will, begrüßte den angeblichen Vorschlag Merkels als Wahlkampfhilfe.

Bereits im November 2011 hatte der damalige griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou eine Volksabstimmung zum Euro vorgeschlagen. Das war auf starken Widerspruch unter anderem aus Berlin und Paris gestoßen; Papandreou musste in der Folge seinen Hut nehmen.

Angesichts der dramatischen Lage in Athen hatten bereits im Laufe des Freitags die Spekulationen an den Finanzmärkten über ein Ausscheiden des Landes aus dem gemeinsamen Währungsraum zugenommen. Erstmals räumte mit Handelskommissar Karel De Gucht auch ein Mitglied der EU-Kommission öffentlich ein, dass es Notfallpläne für den Fall eines griechischen Euro-Austritts gibt. „Das Endspiel hat begonnen und ich weiß nicht, wie es ausgehen wird“, sagte er der belgischen Zeitung „De Standaard“. Ein Sprecher der EU-Kommission wies die Aussagen später zurück.

Mit der Auflösung des erst vor knapp zwei Wochen gewählten Parlaments will der griechische Staatspräsident Papoulias den Weg für Neuwahlen freimachen. Am diesem Samstagmorgen wollte er ein entsprechendes Dekret unterzeichnen, wie Parlaments-Generalsekretär Athanasios Papaioannou in Athen mitteilte. Von dem neuen Urnengang erhofft sich Papoulias klare Mehrheitsverhältnisse, die eine rasche Regierungsbildung erlauben.
Vor seiner Auflösung musste sich die erst vor knapp zwei Wochen gewählte Volksvertretung am Freitag zunächst einmal konstituieren.

Als Parlamentspräsident wurde Vyron Polydoras von der ND bestimmt. Nach der Wahl weiterer Gremien wurde die Sitzung am Nachmittag beendet. Laut griechischen Medien war es das kurzlebigste Parlament seit dem zweiten Weltkrieg.

Einer Umfrage zufolge können die Parteien, die am Sparkurs festhalten wollen, bei den Neuwahlen mit einer Mehrheit rechnen. Allerdings wird auch die radikale Linke mehr Stimmen bekommen. Wie der griechische Fernsehsender Alpha berichtete, würden die Nea Dimokratia mit 26,1 Prozent (6. Mai: 18,85) stärkste Kraft. Die Sozialisten (Pasok) würden sich auf 14,9 Prozent (Mai: 13,2) verbessern. Beide Parteien kämen zusammen auf 164 der 300 Parlamentssitze, hieß es. (dpa)

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