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Politik: Hannovers Angst vor dem Schuldenberg

Ein halbes Jahr ist es erst her, dass die Ministerpräsidenten einträchtig zusammensaßen und einen Kompromiss feierten. Der Länderfinanzausgleich, kompliziertes Regelwerk für die Hilfe reicherer Länder an die ärmeren, wurde für die nächsten Jahre gesichert.

Ein halbes Jahr ist es erst her, dass die Ministerpräsidenten einträchtig zusammensaßen und einen Kompromiss feierten. Der Länderfinanzausgleich, kompliziertes Regelwerk für die Hilfe reicherer Länder an die ärmeren, wurde für die nächsten Jahre gesichert. Nun, im Spätherbst 2001, wird dieses Verhandlungsergebnis auf eine harte Probe gestellt - auf Niedersachsen kommt womöglich eine schwere Belastung zu, und die Regierung in Hannover will, dass die reichen Länder ihr dann unter die Arme greifen.

Es geht um eine Grundsatzfrage: Welche Ausgaben eines Landes können auf die anderen Länder abgewälzt werden - und zu welchem Anteil? Die Erdgasfirma BEB, eine Tochter von Esso und Shell, fordert 2,5 Milliarden Mark an Förderzins vom Land Niedersachsen zurück, an diesem Donnerstag wird dazu ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erwartet. Schon jetzt lässt sich der Landeshaushalt von Finanzminister Heiner Aller (SPD) nur ausgleichen, indem die Regierung die Einnahmen außerordentlich optimistisch schätzt. Wenn das Land nun auch noch auf einen Schlag 2,5 Milliarden Mark an BEB entrichten müsste, geriete das ganze Zahlenwerk aus den Fugen. Die Landesregierung stellt sich allerdings auf den Standpunkt, die anderen Länder müssten sowieso eine solche Belastung mittragen, denn nach den aktuellen Regeln des Länderfinanzausgleichs werde der Förderzins voll verrechnet. Weil alle Länder von den Einnahmen profitierten, müssten sie auch für Rückzahlungen in die Tasche greifen. Als maximale Belastung Niedersachsen blieben dann nur rund 230 Millionen Mark.

Starke Vorbehalte gegen diese Rechnung hat die Stuttgarter Landesregierung formuliert, und zu ihrer Unterstützung ist Ex-Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof aufgetreten. Er argumentiert, Niedersachsen habe den Förderzins nur in den späten 80er Jahren im Länderfinanzausgleich eingebracht, zuvor nur teilweise oder gar nicht. Über viele Jahre hinweg hätten also die anderen Länder nicht von dieser Einnahme profitiert. Wenn jetzt die Summe von 2,5 Milliarden Mark an BEB zurückgezahlt werden müsse, so Kirchhof, dann könne das nur anteilig gelten für die Summe, die tatsächlich von Niedersachsen an die anderen Länder abgetreten wurde. 1,8 Milliarden Mark, meint der Gutachter aus Stuttgart, müsse Niedersachsen allein begleichen.

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