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Hessen-SPD: Jürgen Walter: Die Rache des Rebellen

Auch sieben Monate nach dem Scheitern der Regierungsübernahme durch die damalige SPD-Chefin Andrea Ypsilanti sind die hessischen Sozialdemokraten in ihre Vergangenheitsbewältigung verstrickt. Jürgen Walter gönnt Hessens SPD keine Ruhe.

Wiesbaden - Als Chef der Frankfurter Staatsanwaltschaft jagt Hubert Harth Ganoven. Der Job taugt nicht für zarte Charaktere. Doch die Vorwürfe, die er sich nun als Vorsitzender der Schiedskommission des SPD-Bezirks Hessen-Süd anhören muss, sind auch für ihn starker Tobak. Nachdem es am Montagabend bei der Berufung im Schiedsverfahren gegen den Parteirebellen und Ex-SPD-Landesvize Jürgen Walter zum Eklat gekommen war, hatte dieser dem Parteirichter vorgeworfen, er führe das Verfahren nach dem Vorbild der „Moskauer Prozesse“. Ein „intellektuell unredlicher und bösartiger“ Vergleich sei das, sagte SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel.

Auch sieben Monate nach dem Scheitern der Regierungsübernahme durch die damalige SPD-Chefin Andrea Ypsilanti sind die hessischen Sozialdemokraten in ihre Vergangenheitsbewältigung verstrickt. Die Parteiordnungsverfahren gegen zwei der vier Landtagsabgeordneten, die Ypsilanti vor der geplanten Wahl zur Ministerpräsidentin die Gefolgschaft verweigert hatten, sind zwar erledigt. Doch vor allem Jürgen Walter sorgt weiter für Aufregung. In der ersten Instanz hatte ihm die Schiedskommission einen Verstoß gegen die innerparteiliche Solidarität bescheinigt und ein zweijähriges Funktionsverbot verhängt. Walter ging in die nächste Instanz und verschärfte seine Vorwürfe gegen die SPD, die das Land „zusammen mit den Neokommunisten“ habe regieren wollen. Seinen früheren Weggefährten vom „pragmatischen Flügel“ bescheinigte er, sie hätten sich mit der Aussicht auf Ministerämter, Dienstwagen und gut dotierte Posten auf Linie bringen lassen.

Zur Berufungsverhandlung erschien Walter am Montag mit seinem Anwalt Mathias Metzger, Ehemann der ehemaligen SPD-Abgeordneten Dagmar Metzger, der seinerzeit demonstrativ der Partei den Rücken gekehrt hatte. Bereits bei der Ladung hatte Harth darauf hingewiesen, dass nur Parteimitglieder an der Verhandlung teilnehmen dürfen. Walter suchte die Machtprobe und verließ die Verhandlung unter Protest, nachdem ihm „wider alle Regeln der Verfassung“ der rechtliche Beistand verweigert worden sei. „Walter versucht seinen Rausschmiss zu provozieren und sich gleichzeitig als Opfer zu stilisieren“, meint der Politikprofessor Eike Hennig.

Gefragt, ob er SPD-Mitglied bleiben wolle, antwortet Walter vage. Der Vertreter des SPD-Bezirksvorstands im Schiedsverfahren, Jörg Jordan, plädiert inzwischen für Walters Parteiausschluss. Doch die Schiedskommission wird wohl die Parteistrafe der ersten Instanz bestätigen. So oder so wird der Fall die Bundesschiedskommission und anschließend möglicherweise ordentliche Gerichte beschäftigen.

Im Gegensatz zu Walter hat die Mitrebellin Silke Tesch eine Rüge akzeptiert. Doch der SPD-Ortsverein Rauschenberg im Burgwald hat damit ein Problem. Sein prominentestes Mitglied, Bürgermeister Manfred Narth, hatte in der ersten Wut über die Abweichler erklärt, er werde sein Parteibuch zurückgeben, sollte Tesch nicht ausgeschlossen werden. Da den Burgwäldern ihr Bürgermeister wichtiger ist als der SPD-Burgfrieden, gehen sie gegen Tesch in die nächste Instanz. Christoph Schmidt Lunau

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