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Der Start als Kanzlerkandidat hätte besser laufen können - das weiß auch Peer Steinbrück.

© dpa

Peer Steinbrück: „Ich bleibe dabei, ich habe nichts Unrechtes getan“

Nach den Debatten um seine Nebenverdienste und einen zurückgetretenen Berater will Peer Steinbrück nun endlich in die Offensive kommen. Eine Wechselstimmung gebe es zwar nicht, gesteht der SPD-Kanzlerkandidat ein. Einen Plan hat er trotzdem.

Von Hans Monath

Eines wird sehr schnell klar: Der Kandidat ist nicht gekommen, um Buße zu tun. Direkt fixiert er seine Gegenüber und kneift dabei die Augen zusammen, die Sätze kommen wie aus der Pistole geschossen. Peer Steinbrück, noch immer in Angriffslaune. Gibt es den Punkt, wo er die Kanzlerkandidatur entnervt hinschmeißen könnte? „Nein, Sie können ja nicht sagen, Sie testen das mal. Und wenn das so ist, Herr Förster, lege ich das Reh wieder auf die Lichtung zurück.“

Es ist Donnerstagabend im Willy- Brandt-Haus. Der Ex-Finanzminister hat zum Hintergrundgespräch geladen, fast 60 Journalisten sind gekommen. In der Regel darf aus solchen Terminen nicht zitiert werden, diesmal ist das anders. Steinbrück lässt das Visier offen. Er liefert klare Botschaften in klarer Sprache, will zeigen, dass ihn die Debatte um seine Nebeneinkünfte und die holprige Aufstellung seines Wahlkampfteams nicht aus der Bahn wirft und er für die Bundestagswahl noch gute Chancen sieht. „Drei bis vier Punkte daraufzulegen“ traut er sich zu: „Wenn die Grünen ihre Niveau halten, dann haben wir eine Mehrheit.“

Erst redet der Kandidat über sein Wahlkampfteam und die Kampagnenplanung, dann stellt er sich den Fragen – so lange, bis keine mehr kommen. Den Rückschlag in den Umfragen relativiert er: Der Wahlkampf habe noch gar nicht begonnen, kein Mensch habe Interesse an einem „elfmonatigen Beauty Contest“. Zu seinen Nebeneinkünften steht er: „Ich bleibe dabei, ich habe nichts Unrechtes getan.“ Nur das Honorar der Stadtwerke Bochum sei ein Fehler gewesen. „Das hätte mir mein Antennenapparat sagen müssen.“

Auch zum Blitzabschied des von ihm angeheuerten Internet-Beraters Roman Maria Koidl gibt Steinbrück Auskunft. Ja, Irritationen im Willy-Brandt-Haus hat er wahrgenommen, aber Koidl habe auch ein Konzept vorgelegt, das abgeblitzt sei, weil es in der Parteizentrale „zu einer revolutionären Systemveränderung“ geführt hätte. Was schwerer wog, der Unmut der Genossen oder das falsche Konzept, will er nicht bewerten. Bei der Auswahl seiner Mitarbeiter beansprucht er offenbar jene Beinfreiheit, von der er auch sonst gerne spricht: „Ob jemand für Hedgefonds tätig war oder bei den ,St.-Pauli-Nachrichten’ gearbeitet hat, ist für mich nicht entscheidend.“

Wer mag, kann darin eine Attacke auf Doppelmoral in den Medien sehen. Der langjährige „Spiegel“-Chefredakteur Stefan Aust hatte einst für die „St.-Pauli-Nachrichten“ gearbeitet. Überhaupt nervt es Steinbrück sichtlich, dass sich die Journalisten mehr für seinen Stolperstart interessieren als für seine politische Agenda. Mit „psychologisierenden Formen der Berichterstattung“, er meint wohl Charakterstudien, kann er gar nichts anfangen.

Dabei hatte Steinbrück selbst vor einer frühen Ausrufung gewarnt, wie er betont. „Jeder Stein wird umgedreht, um zu sehen, ob darunter irgendein Tier ist, in jedes Wäschestück wird hineingeschaut.“ Zuletzt, so berichtet er, war er mit Fragen konfrontiert, ob er trotz Anreise mit der Bahncard von Veranstaltern Fahrtkosten verlangt habe, und mit Gerüchten, er besitze Mietwohnungen, die er verfallen lasse. „Da können Sie sicher sein, dass ich mir in meiner Kemenate im 5. Stock des Willy-Brandt-Hauses gelegentlich an den Kopf fasse“, sagt er mit grimmiger Miene.

Glaubt man Steinbrück, hat die Solidarität der Genossen mit ihm unter der Debatte nicht gelitten. „Durchaus berührend“ sei für ihn die Erfahrung, „dass die eigene Partei sich in einer schwierigen Phase an meine Seite stellt und versucht, mich zu unterstützen.“ Er zitiert Sätze wie: „Wir passen schon auf, dass du nicht kaputt geschossen wirst.“ Das Ausbleiben von Unterstützung prominenter Sozialdemokraten wie Hannelore Kraft und Olaf Scholz war angeblich mit ihm abgesprochen, weil die Wirkung negativ hätte ausfallen können: „Dann würde man nur sagen: Oh, der hat es nötig.“

Dass Angela Merkel im Wahlkampf eine schwere Gegnerin sein wird, leugnet der Kandidat gar nicht, zumal auch er keine Wechselstimmung wahrnimmt. Dafür spricht er ihr Ziele ab, sieht gleichzeitig wachsende Aufmerksamkeit für das Grundthema, das er seit Jahren beschreibt: Es gebe eine „gesellschaftliche Unwucht“, die viele Menschen umtreibe. Er will anbieten, die „Fliehkräfte“ der Gesellschaft zu bändigen, nicht nur bessere, sondern andere Politik versprechen.

Treu bleiben will er sich dabei auch. Er werde sich nicht einer Art „politischer Geschlechtsumwandlung“ unterziehen und auch nicht „plötzlich geschauspielert auf die Anschmeiße gehen“, versichert der Kandidat: „Sie werden mich in diesen elf Monaten nicht viel anders erleben, als ich bin.“ Ob das eher ein Versprechen oder eine Drohung ist, kann nur die SPD selbst entscheiden.

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