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Bundeskanzlerin Angela Merkel beim ARD-Sommerinterview in Berlin.

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Update

IS-Terror: Angela Merkel: Keine Kampftruppen in den Irak

Die Kanzlerin schließt eine Truppenentsendung in den Irak aus, auch Waffenlieferungen an die PKK soll es nicht geben. Über die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Irak gibt es derweil Streit in der Großen Koalition.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Entsendung von deutschen Kampftruppen in den Nordirak ausgeschlossen. Keine konkreten Pläne gebe es derzeit auch dafür, Ausbilder in das Krisengebiet zu schicken, sagte Merkel am Sonntagabend im ARD-Sommerinterview. Auch Waffen für die in Deutschland als terroristisch eingestufte kurdische Arbeiterpartei PKK werde es nicht geben. „Die PKK kommt nicht infrage als Empfänger von Waffenlieferungen.“ Merkel nannte die Grundsatzentscheidung, militärisches Gerät in den Nordirak zu schicken, „bemerkenswert“.

Grünen-Chef Cem Özdemir verglich die Situation mit der in Bosnien in den 90er Jahren. Da sei es ebenfalls um Völkermord gegangen, sagte er dem Tagesspiegel. Seine Partei forderte er auf, sich aus dieser Erfahrung heraus jetzt für Waffenlieferungen auszusprechen. „Wir dürfen denen, die stellvertretend für uns alle gegen die Barbarei kämpfen, die Hilfe nicht verweigern.“ Die Lage im Irak sei ein „Höllenschlund“. Man könne mit der Terrororganisation IS nicht verhandeln. „Man kann sie nur bekämpfen und besiegen und dafür sorgen, dass die Bedrohung für die Menschen durch die IS gestoppt wird.“ Deutschland dürfe dabei „nicht vornehm an der Seitenlinie stehen“, sondern müsse aktiv beim Kampf gegen die IS mithelfen.

Gleichzeitig warnte Özdemir vor einer verzerrten Debatte um die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa. „Das löst keine Probleme“, sagte er. Es sei „absurd“, dass die Christen 2000 Jahre in dieser Region überlebt hätten, „und jetzt soll Schluss damit sein“.

Streit um Umgang mit Flüchtlingen

In der großen Koalition ist derweil ein Streit über den Umgang mit Flüchtlingen, insbesondere aus dem Irak, entbrannt. Während Innenminister Thomas de Maizière (CDU) die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Irak im großen Stil ablehnt, fordert SPD-Vize Ralf Stegner mehr Verantwortung für Menschen in Not ein. "Waffen: Ja, Flüchtlinge: Nein. Das darf nicht die richtige Maxime deutscher Außenpolitik sein", sagte Stegner dem Tagesspiegel. Für ihn stehe außer Frage, dass Deutschland eine "vorbildliche humanitäre Hilfe leisten muss". Vor Ort, im Irak, geschehe das bereits. "In Deutschland können wir mehr tun", sagte Stegner.

Flüchtlinge im Irak.
Flüchtlinge im Irak.

© AFP

Den Menschen im Irak müsse Hilfe angeboten werden, und betroffene Kommunen in Deutschland sollten unterstützt werden. "Deutschland hat eine besondere Verantwortung", sagte Stegner. Vor Jahrzehnten seien Menschen aus Deutschland geflohen und anderswo aufgenommen worden. Deshalb dürfe Deutschland nun nicht zurückstehen.

De Maizière sagte der "Bild am Sonntag": "Die Jesiden selbst wollen nach dem Ende der Kämpfe in ihre Heimatregionen zurückkehren." Deshalb gehe es jetzt nicht darum, Flüchtlinge aus dem Irak nach Deutschland zu holen, sondern dafür zu sorgen, dass sie im Land bleiben könnten. Es wäre zudem ein "unerträglicher Triumph" für die Terroristen, "wenn am Ende des Konflikts die Christen aus dem Irak vertrieben wären - kulturhistorisch und menschheitsgeschichtlich", fügte de Maizière hinzu. "Den Satz, dass die Jesiden oder die Christen im Irak keine Zukunft haben, will ich nicht akzeptieren."

Innenminister rechnet mit weiterem Anstieg der Asylanträge in Deutschland

De Maizière rechnet angesichts der Konflikte in Syrien und im Irak mit einem Anstieg der Asylanträge in Deutschland. Er gehe davon aus, dass in diesem Jahr insgesamt 200.000 Anträge gestellt würden, sagte de Maizière der Zeitung "Bild am Sonntag". Das wären rund 70.000 Asylanträge mehr als im vergangenen Jahr.

De Maizière sprach sich vor diesem Hintergrund für eine Debatte über die weitere Aufnahme von Flüchtlingen aus. Unter anderem forderte er strengere Kontrollen: "Wer politisch nicht verfolgt ist und keines Schutzes bedarf, der kann kein Asylrecht bekommen und muss unser Land wieder verlassen", sagte der Minister der Zeitung. Flüchtlingsschutz müsse so organisiert werden, dass er die "wirklich Hilfsbedürftigen" erreiche. Menschen aus den West-Balkanstaaten gehörten "in der Regel" nicht dazu.

Die Regierung plant derzeit eine Verschärfung des Asylrechts. Der Gesetzentwurf der Regierung sieht vor, die Länder Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, womit Antragsteller aus diesen Ländern kaum noch Chancen auf Asyl in Deutschland hätten. Im Bundesrat soll Mitte September darüber abgestimmt werden.

Insbesondere die Grünen, aber auch die Linke sowie Flüchtlingsorganisationen sehen das verschärfte Asylrecht kritisch. Sie sorgen sich vor allem um die verfolgte Minderheit der Roma. Auch fordern die Grünen, mehr Flüchtlinge aus dem Irak aufzunehmen.

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