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Einig. Stephan Weil (SPD, links) und Stefan Wenzel (Grüne).

© dpa

Koalitionsverhandlungen in Niedersachsen: Rot-Grün räumt Knackpunkte ab

Die Wahlsieger haben es eilig: Am 19. Februar soll SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil in Hannover zum neuen Ministerpräsidenten gewählt werden. In den Koalitionsverhandlungen einigten sich Sozialdemokraten und Grüne nun über Autobahnprojekte und Megaställe.

Ein wenig müde sehen die Verhandlungsführer aus, aber auch zufrieden. „Wir haben eine wirklich sehr produktive Woche hinter uns“, sagt Niedersachsens SPD-Chef Stephan Weil im Hörsaal 1 des Landessportbunds in Hannover. „Und wir sind weiter gut unterwegs.“ Die Erleichterung klingt beim designierten Ministerpräsidenten durch. Wenige Stunden zuvor haben SPD und Grüne ihre größten inhaltlichen Knackpunkte abgeräumt. Insbesondere das leidige Autobahnthema. Zwei große Projekte stehen in Niedersachsen an, angeschoben von der noch amtierenden CDU/FDP-Regierung: die Küstenautobahn A 20 von Oldenburg Richtung Nordosten an die Elbe, wo sie mit einem Tunnel an die noch zu bauende A 20 in Schleswig-Holstein angebunden werden soll; und die A 39 als Verbindungsstück zwischen Wolfsburg und Lüneburg mit Anschluss nach Hamburg.

Für die SPD sind beide Autobahnen lebenswichtige Adern für die heimische Wirtschaft, für die Grünen ökologisch unsinniges Teufelswerk. Es brauchte eine kurze Besinnungspause und zwei interne Runden der Parteien, dann war eine praktikable Lösung gefunden. Die Planungen, darauf verständigten sich die Partner, gehen für beide Projekte weiter, aber im gedrosselten Tempo. Derzeit stehen 16 Millionen Euro jährlich als zusätzliche „Turbomittel“ bereit, um die Planungen zu beschleunigen. Diese Gelder will Rot-Grün nun in Schienenstrecken stecken, insbesondere in den zweigleisigen Ausbau der Linie Bremen-Uelzen-Stendal.

„Die Vorrangstellung der A 20 und A 39 ist damit nicht mehr gegeben“, betont Weil. Beide Autobahnen gehörten jetzt zum großen Topf der 248 Verkehrsprojekte, die Niedersachsen beim Bund angemeldet habe, frohlockt Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel. Und die müsse man alle auf den Prüfstand stellen. Dabei schwingt die heimliche Hoffnung mit, dass die Autobahnen letztlich dem Rotstift zum Opfer fallen.

Ähnlich pragmatisch fallen die Kompromisse beim Streitthema Landwirtschaft aus. Neue Megaställe will man mit Hilfe des kommunalen Baurechts verhindern, der noch von der CDU angestoßene Tierschutzplan soll beschleunigt, bäuerliche Familienbetriebe sollen besser gefördert werden. Zugeständnisse machen die Grünen bei der Gentechnik. Zumindest Forschungen in diesem Bereich sollen in Niedersachsen, Sitz der in diesem Bereich bedeutenden Firma KWS, weiter erlaubt sein. Vorher schon hatten sich die Koalitionäre schnell auf die Abschaffung der Studiengebühren, eine Entschleunigung beim Turbo-Abitur oder eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten verständigt.

Jetzt steht noch das Personalpaket aus. Mindestens drei der neun Ministerposten beanspruchen die Grünen; beide Seiten wollen einen strikten Geschlechterproporz. Angesichts der knappen Mehrheit im Parlament gelte es, Enttäuschungen und Frust zu vermeiden, heißt es in der Verhandlungskommission. Am 19. Februar soll Weil zum neuen Regierungschef gekürt werden.

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