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Umstritten. Martin Schulz organisiert das Personal der SPD neu.

© Tobias Schwarz, AFP

Lars Klingbeil als SPD-Generalsekretär: Schulz sucht Verbündete - und findet ein neues Problem

Die Entscheidung für Lars Klingbeil als Generalsekretär stiftet Unfrieden in der SPD. Am Montag könnte es Krach im Parteivorstand geben - wollte Martin Schulz das so? Eine Analyse.

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Wenn am Montagvormittag das SPD-Präsidium tagt, muss sich Martin Schulz auf kritische Fragen gefasst machen. Es geht um eine Personalentscheidung des Parteichefs und deren Folgen: Schulz will den niedersächsischen Bundestagsabgeordneten Lars Klingbeil zu seinem neuen Generalsekretär machen – eine Weichenstellung, von der sich manche in der Partei- und Fraktionsführung überrumpelt fühlen.

Die Kritik richtet sich weniger gegen die Personalie selbst – der 39-jährige Klingbeil gilt vielen in der Partei als Hoffnungsträger. Unmut erregt vielmehr, dass Parteichef Schulz die Entscheidung ohne Rücksicht auf die Konsequenzen für Fraktionschefin Andrea Nahles und Ex-Fraktionschef Thomas Oppermann getroffen hat. Dem angeschlagenen Parteichef gehe es einzig darum, seine Macht zu festigen, sagen Kritiker.

Tatsache ist: Die Nominierung von Klingbeil durch den Parteichef kann Oppermann die Wahl zum stellvertretenden Bundestagspräsidenten kosten und die Autorität der neuen Fraktionsvorsitzenden Nahles beschädigen. Sie hatte Oppermann als Vizepräsident des Parlaments vorgeschlagen, am Montagabend entscheiden die Abgeordneten darüber.

Gefahr für Oppermann

Bei dem Votum spielt nicht nur die Qualifikation eine Rolle, sondern auch der Länderproporz, das Geschlecht und die Zugehörigkeit zu einem Parteiflügel. Ungünstig für Oppermann: Er stammt wie Klingbeil aus Niedersachsen und ist keine Frau. Seit der Generalsekretärs-Vorschlag von Schulz durchgesickert ist, wird in der SPD gerechnet. Fünf herausgehobene Posten gibt es, Parteichef, Generalsekretär, Fraktionschefin, Parlamentarischer Geschäftsführer, Vizepräsident des Bundestages.

Sollten Klingbeil und Oppermann gewählt werden, wären vier der fünf Posten von Männern besetzt, wie die Vorkämpferinnen für Frauenrechte in der Partei beklagen. Elke Ferner, die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, will nun unbedingt eine Frau ins Bundestagspräsidium schicken. Als Kandidatinnen stehen die bisherige Parlamentarische Geschäftsführerin Christine Lambrecht und die bisherige Vizepräsidentin Ulla Schmidt bereit.

Seit die Personalie Klingbeil in der Welt ist, sind die Chancen der beiden SPD-Frauen deutlich gestiegen – zum Ärger von Fraktionschefin Andrea Nahles. Für sie würde die Niederlage ihres erklärten Wunschkandidaten Oppermann eine Schwächung bedeuten. In der SPD fragen sich manche nun, ob Schulz genau das beabsichtigt hat. Seit der historischen Wahlniederlage vom 24. September kämpft der Parteivorsitzende um Amt und Autorität. Nahezu täglich muss er in der Zeitung lesen, dass Nahles in der SPD die Zukunft gehöre, er aber ein Mann der Vergangenheit sei, eben nur ein Übergangsvorsitzender.

Schulz will SPD-Chef bleiben

In dieser Lage braucht Schulz mächtige Verbündete. Mit der Nominierung des Niedersachsen Klingbeil sucht der Parteichef den Schulterschluss mit dem niedersächsischen Ministerpräsident Stephan Weil und dessen starkem Landesverband. Der Regierungschef aus Hannover und seine Genossen haben nach ihrem Sieg bei der Landtagswahl in der Bundespartei deutlich an Gewicht gewonnen.

Die Unterstützung aus Niedersachsen scheint Schulz bislang sicher. Er will im Dezember auf dem Parteitag als SPD-Chef wieder antreten. Bis dahin könnten zwischen ihm und Weil jedoch inhaltliche Differenzen aufbrechen. Der Niedersachse steht für einen pragmatischen, betont wirtschaftsfreundlichen Kurs. Dagegen hatte Schulz im Wahlkampf fast ausschließlich auf das Versprechen sozialer Gerechtigkeit gesetzt. Nun kündigte er Fundamentalkritik am Kapitalismus an. Er werde in Zukunft die „Systemfrage“ stellen, sagte er diese Woche im Interview mit der „Zeit“.

Absage vom linken Flügel

Personalfragen sind Machtfragen – das weiß der frühere EU-Parlamentspräsident Martin Schulz genau. Um den linken Parteiflügel für sich einzunehmen, wollte der SPD-Chef offenbar die scheidende Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann als Bundesgeschäftsführerin gewinnen, wie es aus SPD-Kreisen heißt. Doch die junge Politikerin gab ihm nach Rücksprache mit der bayerischen Landesvorsitzenden Natascha Kohnen einen Korb. Jetzt muss Schulz Ersatz für die amtierende Geschäftsführerin Juliane Seifert finden – am besten eine Frau, um so den Vorwurf einer männerdominierten SPD-Führung zu entkräften.

Am Montag dürften im SPD-Präsidium auch Pläne zur Sprache kommen, einen Planungsstab im Willy-Brandt-Haus zu installieren. Schulz spielt offenbar mit dem Gedanken, seinen Vertrauten Markus Engels an die Spitze des Gremiums zu stellen, das ihm inhaltlich zuarbeiten würde. Engels ist in der Partei auch wegen seiner robusten Umgangsformen umstritten. Ihn mit einer maßgeblichen Rolle bei der Erneuerung der Partei zu betrauen, sei „keine gute Idee“, sagt ein Mitglied des SPD-Vorstands. Wenn Schulz es dennoch versuche, werde es „richtig knallen“.

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