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Machtwort: Nach der Wut: Respekt für Beck – und Mitleid

Kurt Beck hat ein Machtwort gesprochen und seine parteiinternen Kritiker zur Ordnung gerufen. Die Sozialdemokraten stärken Beck nun den Rücken. Die Linke freut sich über die verbalen Attacken des SPD-Vorsitzenden und spricht vom "unbeholfenen Parteichef".

Von Matthias Meisner

Nach seinem Machtwort hat der SPD-Vorsitzende Kurt Beck am Dienstag Solidaritätsadressen aus allen Flügeln der Partei erhalten. Fraktionschef Peter Struck versicherte, Beck sei „unumstritten die Nummer eins“ und reagierte damit auf die vom Vorsitzenden angeprangerten Heckenschützenmentalität innerhalb der Partei. Die Linkspartei äußerte Mitleid mit den Sozialdemokraten wegen der Debatte über Becks Führungsstil und seine Eignung als Kanzlerkandidat. Zugleich heizte sie die Diskussion über ein mögliches rot-rotes Bündnis im Bund für den Fall an, dass die Sozialdemokraten zur Änderung ihres Kurses bereit sein sollten. Der Partei- und Fraktionsvorsitzende der Linken, Oskar Lafontaine, sagte dem Tagesspiegel: „Die SPD muss ihre Haltung zu Agenda 2010 und Hartz IV klären. Solange sie diesen Sozialabbau rechtfertigt oder fortsetzen will, ist sie für die Linke keine Partnerin.“ FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, er habe Respekt vor Becks „Versuch eines Befreiungsschlages“. Zugleich äußerte er die Erwartung, dass Beck jetzt zu alter Form zurückfinden werde. „So wie wir ihn kennen, werden seine Steherqualitäten regelmäßig unterschätzt.“ Westerwelle warf den Sozialdemokraten vor, mit ihrem Vorsitzenden „stillos“ umzugehen. „Es ist verantwortungslos und die reinste Entwicklungshilfe für die Linkspartei.“

Er sei „in Sorge um diese Partei“, sagte Linksparteivize Klaus Ernst über die SPD, in der er selbst jahrelang war. Beck sei „in seiner Rolle total überfordert“, ein „unbeholfener Parteichef“. Eine kleine Gruppe von Führungsleuten in der SPD breche mit den Traditionen der Partei und setze sich über jene Mitglieder hinweg, die ihr nach wie vor die Treue halten. „Das ist ein Problem für dieses Land“, sagte Ernst dem Tagesspiegel. „Denn alleine packen wir es nicht.“

Der Chef der Linkspartei in Berlin, Klaus Lederer, nannte es ein „Riesenproblem“, dass der Gehalt der Debatte in der SPD so „schwachbrüstig“ sei. Es werde um Fragen des Machterhalts gestritten, nicht aber um die Inhalte, sagte er. Lederer nannte das „ernüchternd“, denn letztlich schwänden die „Aussichten auf einen anderen Kurs in diesem Land“. In der SPD gibt es niemanden von Rang, der Rot-Rot im Bund nach der nächsten Bundestagswahl 2009 für möglich hält, Beck ist grundsätzlich dagegen.

Linkspartei-Chef Lothar Bisky ging auf Vorbehalte in der SPD gegen deren früheren Chef Lafontaine ein. Er betonte aber, für ein Bündnis mit der SPD im Bund werde seine Partei nicht auf Lafontaine verzichten: „Wenn es nach mir geht, gibt es solche Opfer nicht“, sagte er n-tv. „Ich bin nicht bereit für irgendwelche Bauernhandel. Dann fängt ja die SPD an, unsere Personalpolitik zu bestimmen.“ Wer mit der Linken etwas zusammen machen wolle, „der muss auch die Menschen akzeptieren, die bei uns das Vertrauen haben. Und dazu zählt Oskar Lafontaine.“

Trotz der offiziellen Rückendeckung für Beck bezeichneten Einzelne in Führungszirkeln die Unterstützung für den Vorsitzenden als brüchig. Andrea Nahles, die im Oktober auf dem SPD-Parteitag zur Vizechefin gewählt werden soll, lobte Beck dagegen: „Es war mal nötig, dass er klargemacht hat, wo der Hammer hängt.“ Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, sagte: „Wenn man nicht einmal im Parteirat vertraulich miteinander reden kann, ohne dass einige Kameradenschweine das gleich in die Öffentlichkeit pusten, ist interne Kommunikation, ist Partei-Demokratie kaum noch möglich.“ Auch mehrere Landespolitiker begrüßten Becks Ordnungsruf an seine Genossen. Es gebe „tatsächlich einige Leute, die dummes Zeug geredet haben“, sagte der saarländische SPD-Chef Heiko Maas.

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