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Sahra Wagenknecht, Fraktionschefin der Linken im Bundestag..

© Thilo Rückeis

Martenstein über politische Orientierungen: Wenn Sahra Wagenknecht ähnlich wie die AfD redet

Angela Merkel macht sozialdemokratische Politik, Sahra Wagenknecht redet ähnlich wie die AfD. Und bei den Grünen ist auch ein bisschen was komisch. Eine Glosse.

Eine Glosse von Harald Martenstein

Wie jeder weiß, hat die CDU die politischen Positionen der SPD weitgehend übernommen. Zum ersten Mal seit Willy Brandt wird Deutschland von einer sozialdemokratischen Kanzlerin regiert, die das SPD-Parteiprogramm tatsächlich ernst nimmt. Helmut Schmidt und Gerhard Schröder hatten, anders als Angela Merkel, mit der SPD ja immer ihre Probleme.

Dass Merkel, formal, Mitglied und sogar Vorsitzende bei der CDU ist, erinnert ein wenig an einen Vorfall in der Karriere des ersten Bundeskanzlers Adenauer. Konrad Adenauer wurde 1956 zum Ehrenhäuptling der Indianerstämme von Wisconsin ernannt, obwohl er mit Indianern etwa so wenig am Hut hatte wie Angela Merkel mit der CDU. Wenn einem von Indianern oder von der CDU so ein Vorsitz angeboten wird, wäre es natürlich unhöflich, abzulehnen.

Etwas Derartiges hat es meines Wissens in der Geschichte noch nicht gegeben. Wenn morgen, nur als Beispiel, Barack Obama in den USA damit beginnen würde, einen waffenstarrenden Grenzwall zu Mexiko zu errichten und die Rechnung dafür nach Mexiko schicken würde, wären die Amerikaner irritiert. Das ist doch der Stil des Republikaners Donald Trump. Die Leute würden auch an ihrem Verstand zweifeln, wenn der Papst Mormone wird oder wenn Margot Honecker aus Chile einen Aufnahmeantrag an die Piratenpartei schickt. Das ist irgendwie spukig, da stimmt was nicht.

Raucht Horst Seehofer bald einen Joint?

Dann habe ich festgestellt, dass neuerdings Sahra Wagenknecht und auch Oskar Lafontaine so ähnlich reden wie die AfD. Das ist der nächste Fall! Die Grünen in Stuttgart sind jetzt die Lieblingspartei der Automobilindustrie. Morgen fordern sie vielleicht, dass es in Kantinen kein Obst und kein Gemüse mehr geben darf. Wer steht für was? Mich wundert gar nichts mehr. Wenn Horst Seehofer sich in der nächsten Talkshow einen Joint anzündet, dann sage ich nur: Der hat es jetzt auch.

Tagesspiegel-Kolumnist Harald Martenstein.
Tagesspiegel-Kolumnist Harald Martenstein.

© picture alliance / dpa

Inzwischen bin ich davon überzeugt, dass es sich um ein Virus handelt. Es läuft genauso ab wie in dem berühmten Horrorfilm „Die Körperfresser kommen“, da übernehmen Außerirdische die Gehirne der Erdlinge. Es kommt aus dem Weltall und es ist ansteckend.

Nur die SPD scheint bisher immun zu sein. Eine Gruppe linker SPD-Abgeordneter fordert, ganz old school, Steuererhöhungen und ein sofortiges Lösen der Schuldenbremse. Der Spitzensteuersatz soll um satte zehn Prozent steigen. SPD, klarer Fall, höhere Steuern und Schulden. Die Forderung nach höheren Steuern in Kombination mit einer hohen Staatsverschuldung ist tatsächlich das einzige Alleinstellungsmerkmal, welches der SPD in der Großen Koalition noch verblieben ist. Und irgendwie beruhigt es mich als Wähler, dass die SPD nicht plötzlich für die Wiedergewinnung von Schlesien eintritt. Kommt vielleicht noch.

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