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Politik: McAllister macht Wind

Hannover/Berlin - Wahrscheinlich war es am Ende doch ein taktischer Fehler der Atomindustrie, vertreten durch die vier Energieriesen. Als diese vor einer Woche dem Kanzleramt mitteilten, nach der Abschaltung der alten Kernkraftwerke die Zahlungen an den Öko-Fonds einzustellen, wirkte das wie ein Affront: Die Konzerne wollen der Kanzlerin zeigen, dass sie mächtiger sind.

Hannover/Berlin - Wahrscheinlich war es am Ende doch ein taktischer Fehler der Atomindustrie, vertreten durch die vier Energieriesen. Als diese vor einer Woche dem Kanzleramt mitteilten, nach der Abschaltung der alten Kernkraftwerke die Zahlungen an den Öko-Fonds einzustellen, wirkte das wie ein Affront: Die Konzerne wollen der Kanzlerin zeigen, dass sie mächtiger sind.

Doch der Effekt ist das genaue Gegenteil, denn die Politik schlägt zurück: Seit sich die Konzerne so plump benommen haben, bekommen diejenigen noch mehr Oberwasser, die einen besonders Akw- kritischen Kurs vertreten. Das ist auf CDU-Seite neben Bundesumweltminister Norbert Röttgen vor allem Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister. Als dieser vergangene Woche im Bundesrat sein Zehn-Punkte-Programm zur Förderung der Windenergie vortrug, war der Applaus kräftig.

McAllister sieht im Ausstieg aus der Atomenergie eine Glaubwürdigkeitsfrage für die Union, Der CDU-Politiker wirbt für eine kräftige Stärkung der Windenergie und fordert, bei der Abschaltung der Atommeiler den Grundsatz „je schneller, desto besser“ zu beherzigen. Hatte er sich anfangs noch vorsichtig zu energiepolitischen Fragen geäußert, so wird sein Ton jetzt schärfer.

Seit der Atomkatastrophe in Japan vor einem Monat haben sich die Gewichte verschoben: Innerhalb der Union tritt McAllister als Vertreter des atomkritischen Kurses stärker in Erscheinung, was verstärkt wird dadurch, dass die süddeutschen Kernkraft-Befürworter nach der Wahlniederlage in Baden-Württemberg mit dem Lecken ihrer Wunden beschäftigt sind.

Die Rolle McAllisters ist damit schlagartig eine andere geworden. Noch vor vier Wochen mied er die Bundespolitik weitgehend. Mit seinem entschiedenen Eintreten für erneuerbare Energien hat McAllister nun auch auf der Bundesbühne sein Thema gefunden. Das ging atemberaubend schnell für jemanden, der noch vor einem Jahr weit weg von der Energiepolitik schien.

Mit diesem Image wirkt McAllister authentisch, seine Haltung ist nicht aufgesetzt. Dies liegt daran, dass er selbst nie ein großer Akw-Freund war, dass er zu den Managern der Stromkonzerne stets seine emotionale Distanz aufrechthielt und dass die Windenergie in Niedersachsen mittlerweile tatsächlich eine überragende wirtschaftliche Bedeutung bekommen hat. Einen feinen Unterschied zur SPD, die vor allem in Nordrhein-Westfalen noch immer stark für den Bergbau plädiert, markiert McAllister ebenfalls: Für den Übergang zu mehr Windenergie hält der Ministerpräsident aus Hannover neue, klimaschonende Gaskraftwerke für sinnvoll.

Das neue Selbstbewusstsein, mit dem McAllister agiert, wird begleitet auch von Akzentverschiebungen in der niedersächsischen Landespolitik. Seit dem Aufstieg von Christian Wulff zum Bundespräsidenten gibt es in der CDU-Landesführung keinen wirklich engagierten Atomkraft-Befürworter mehr. Klaus Wallbaum

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