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Politik: Mit dem Rücken zur Fahne

Kriegsgegner in den USA haben es zunehmend schwer, wenn sie sich öffentlich gegen den Kurs der Bush-Regierung stellen

Von Friedemann Diederichs,

Washington

Vor dem Basketballspiel läuft die Nationalhymne vom Band, und die US-Flagge wird gehisst. Die Spielerinnen vom Basketball-Team Manhattanville im Bundesstaat New York legen die Hand aufs Herz. Bis auf eine. Die 18-jährige Toni Smith wendet dem Sternenbanner jedesmal den Rücken zu – aus Protest gegen die Kriegspläne von US-Präsident George W. Bush. Im patriotischen Amerika ist das für die meisten Bürger ein unerträglicher Vorgang.

Jene, die Toni Smith zur Rede stellen, werden mit handfesten Meinungen konfrontiert. „Bush sollte sich lieber um die Probleme im Land kümmern, wo Reiche immer reicher und Arme immer ärmer werden.“ Und: „Ein Krieg gegen den Irak wird dazu führen, dass Tausende von Frauen und Kindern sterben.“ Die ungewöhnliche Protestaktion der Sportlerin hat mittlerweile dazu geführt, dass zu jedem Spiel unerwartete Besucher auftauchen: Neben den Kamerateams und den Reportern sind das vor allem Kriegsveteranen, die das Mädchen mit „USA! USA!"-Rufen und dem dauerhaften Schwenken einer großen Fahne konfrontieren. Andere Fans zeigen ihren Unmut, indem sie aufstehen und der Spielerin den Rücken zukehren, sobald diese den Ball erhält. Eltern fordern bereits den Ausschluss von Toni Smith aus dem Team.

Auch andere, die abseits der gewohnten Bahnen ihren Protest gegen eine Militäraktion artikulieren, müssen mit harschen Reaktionen oder gar Sanktionen rechnen. Bretton Barber, ein Oberschüler aus Michigan, wurde vom Unterricht suspendiert, nachdem er mit einem T-Shirt erschienen war, das neben einem Foto von Bush den Aufdruck „International Terrorist“ trug. Barber will nun mit Hilfe der US-Bürgerrechtsbewegung und unter Verweis auf die von der Verfassung garantierte Meinungsfreiheit eine Wiederzulassung erzwingen. Ähnlich ging es der 17-jährigen Moslemin Yusra Awadeh aus Brooklyn, deren T-Shirt beim Schulbesuch die Flagge der Palästinenser zeigte.

Überhaupt werden die Bildungsstätten in den USA immer mehr zum Schauplatz eines Meinungs-Krieges. Mit Sanktionen bis hin zur Entlassung müssen im US-Bundesstaat Maine rund 30 Lehrer rechnen: Sie hatten aus ihrer Abneigung gegen eine Militäraktion im Unterricht keinen Hehl gemacht, dabei aber auch sieben- bis zehnjährige Kinder von Militärangehörigen mit Aussagen wie dieser konfrontiert: „Eure Väter werden im Irak zu Mördern werden.“ Die Kinder seien daraufhin weinend nach Hause gekommen, berichteten nun Eltern in schriftlichen Eingaben an die Schulverwaltung. Soldaten-Vertreter wollen in den kommenden Tagen durch persönliche Besuche bei Schul-Direktoren dafür sorgen, dass „diese politischen Ideologien nicht unseren Kindern schaden“, so ein Sprecher der Nationalgarde.

Erheblichen Gegenwind spüren derzeit auch jene Hollywood-Schauspieler wie Sean Penn, Martin Sheen oder Jane Fonda, die sich öffentlich gegen einen Irak-Krieg ausgesprochen haben. Mehr als 40 000 Bürger haben sich mittlerweile in einer Initiative zusammen geschlossen, deren einziges Ziel die Bekämpfung der „Hollywood-Stimmungsmache“ ist. Aktions-Gründerin Lori Bardsley behauptet nämlich: „Die Hollywood-Prominenz benutzt ihren Status, um die Verteidigung unseres Landes zu gefährden.“ Ein Standpunkt, den US-Regierungssprecher Ari Fleischer nur allzu gerne unterstreicht: „Viele Amerikaner lieben es, Hollywood-Filme zu sehen,“ sagte er „doch sie sind heilfroh, dass Hollywood nicht mit dem Regieren dieses Landes beauftragt worden ist.“

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