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Wieder demonstrierten Tausende in Tunesien.

© Reuters

Mitten in der Krise: Westerwelle reist nach Tunesien

Tunesien steckt tief in der Krise. Die Demonstrationen gegen die islamistische Regierungspartei Ennahda reißen nicht ab. Außenminister Westerwelle will bei einer zweitägigen Reise nach Tunis zur Deeskalation der Lage beitragen.

Inmitten der politischen Krise in Tunesien reist Außenminister Guido Westerwelle am Mittwoch zu einem zweitägigen Besuch in das nordafrikanische Land. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts erklärte, Westerwelle wolle dazu ermutigen, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen und Kompromisse für eine demokratische Ordnung zu finden. „Ein Abgleiten in Gewalt und auf der Straße ausgetragene Auseinandersetzungen wäre die denkbar schlechteste Perspektive für Tunesien.“ Tunesien gilt als Mutterland des Arabischen Frühlings. Die Entwicklung dort galt lange Zeit als vorbildlich.

Unmittelbar vor dem Besuch Westerwelles gingen bei einer Großdemonstration erneut tausende Menschen auf die Straße. Rund 40.000 Demonstranten kamen zusammen, um gegen die von Islamisten geführte Regierung zu protestieren. In Sprechchören forderten sie einen Rücktritt der Koalition unter Führung der Ennahda-Partei. Die Gegner der Ennahda-Partei versammelten sich am Dienstagabend vor dem Parlamentsgebäude in einem Vorort der Hauptstadt. Dort gibt es seit mehreren Wochen einen Sitzstreik gegen die Regierung. Es war eine der größten Kundgebungen der tunesischen Opposition direkt vor dem Parlamentsgebäude auf dem Bardo-Platz.

Angst vor der Eskalation

Die Demonstrationen der gegnerischen Lager haben die Befürchtung geweckt, dass die Lage in Tunesien ähnlich wie in Ägypten eskalieren könnte. In Ägypten war der islamistische Präsident Mohammed Mursi Anfang Juli durch das Militär entmachtet worden. Auch danach ist das Land nicht zur Ruhe gekommen. Anhänger und Gegner Mursis liefern sich immer wieder Straßenschlachten, mehrere hundert Menschen wurden getötet. Anlass der neuen Großdemonstration war der nationale Frauentag in Tunesien, zu dem auch die Ennahda zu einer Kundgebung aufgerufen hatte.

Westerwelle wird am Mittwoch zunächst Staatspräsident Moncef Marzouki, Außenminister Othman Jarandi und Gewerkschaftsführer Houcine Abbasi treffen. Für Donnerstag sind Gespräche mit dem islamistischen Ministerpräsidenten Ali Laarayedh und Vertretern der Opposition geplant.

Auslöser der jüngsten Krise in Tunesien war der vermutlich von islamistischen Extremisten verübte Mord am Oppositionspolitiker Mohamed Brahmi. Seit dem Anschlag am 25. Juli gibt es in Tunis täglich Demonstrationen, bei denen vor allem ein Machtverzicht der islamistischen Regierungspartei Ennahda gefordert wird. Ihr wird von ihren Gegnern eine Mitverantwortung am Tod Brahmis zugeschrieben. Die Ennahda hatte im Herbst 2011 die erste Wahl nach dem Sturz von Präsident Zine el Abidine Ben Ali klar gewonnen. Seitdem führt sie eine Koalition mit der Mitte-Links-Partei CPR und der sozialdemokratischen Partei Ettakatol. Für Dezember ist eine Neuwahl des Parlaments geplant.

Tunesien ist das arabische Land, in das die meisten deutschen Fördermittel für den Umbruch zur Demokratie fließen. Für die Jahre 2012 und 2013 stellte die Bundesregierung mehr als 50 Millionen Euro für den Aufbau rechtsstaatlicher Institutionen, Beschäftigungs- und Ausbildungsmaßnahmen oder Medienförderung zur Verfügung. (dpa)

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