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Politik: Nach Bombenserie Gespräche mit korsischen Nationalisten geplant

Der französische Premierminister Lionel Jospin hat eine Wende in der Korsika-Politik eingeleitet. Nach einer Serie von Polizeiskandalen und einer neuen Eskalation nationalistischer Bombenattentate hat Jospin die Abgeordneten des korsischen Parlaments zu Gesprächen über eine Befriedung der unruhigen Mittelmeerinsel nach Paris geladen.

Der französische Premierminister Lionel Jospin hat eine Wende in der Korsika-Politik eingeleitet. Nach einer Serie von Polizeiskandalen und einer neuen Eskalation nationalistischer Bombenattentate hat Jospin die Abgeordneten des korsischen Parlaments zu Gesprächen über eine Befriedung der unruhigen Mittelmeerinsel nach Paris geladen. Der Sozialist Jospin setzte sich damit über Innenminister Jean-Pierre Chevènement hinweg, der auf Härte gesetzt hatte und einen Dialog mit nationalistischen korsischen Abgeordneten strikt ablehnt.

Bei Jospins Entscheidung handele es sich um eine "Evolution" der französischen Korsika-Politik, erklärte Regierungssprecher Daniel Vaillant. Die Gespräche sollten am 13. oder 14. Dezember stattfinden. Jospin wolle die korsischen Abgeordneten anhören, aber nicht mit ihnen über Inhalte und Strategien verhandeln, hieß es ergänzend in Paris. Verhandlungen mit den korsischen Nationalisten könne es erst dann geben, wenn diese sich unzweideutig von der Gewalt losgesagt hätten, hatte Lionel Jospin immer wieder betont.

Die acht nationalistischen Abgeordneten der Gruppe "Corsica Nazione" haben bereits ihre Teilnahme an den Gesprächen mit Jospin zugesagt. Allerdings wollen sie zuvor alle nationalistischen Gruppen Korsikas konsultieren. Darunter befinden sich gewaltbereite Untergrundorganisationen wie der FLNC Canal historique, der in der Vergangenheit für die meisten Bombenattentate verantwortlich war. Auch der Anführer von "Corsica Nazione", Jean-Guy Talamoni, gehört dem FLNC an. Sollte er tatsächlich von Jospin empfangen werden, käme dies einem "Tabubruch" gleich, schreibt die französische Tageszeitung "Libération".

Die Wende in der französischen Korsika-Politik ist offenbar eine Folge der jüngsten Eskalation auf der "Insel der Schönheit". Am vergangenen Donnerstag hatten Nationalisten am hellichten Tag zwei Bomben in der korsischen Hauptstadt Ajaccio gezündet und dabei sieben Menschen verletzt. Zu dem ungewöhnlichen Attentat - bisher schlugen die korsischen Terroristen nur nachts zu - bekannte sich eine bisher unbekannte Untergrundgruppe namens "Clandestinu".

Am Wochenende hatten daraufhin Tausende in Korsika gegen die Gewalt protestiert. Im Februar 1998 war der korsische Präfekt Claude Erignac auf offener Straße erschossen worden. Seither hatten sich die Nationalisten mit Attentaten zurückgehalten. Nach dem jüngsten Anschlag fürchtet Paris eine neue, noch härtere Gewaltwelle auf der Insel.

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