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Rachid Ghannouchi führt die tunesische Ennahdha-Partei.

© dpa

Nach den Wahlen: Tunesische Islampartei verhandelt über Koalition

Die mit Spannung erwartete Bekanntgabe der tunesischen Wahlergebnisse lässt weiter auf sich warten. Doch die islamistische Ennahda-Bewegung hat bereits mit Koalitionsverhandlungen begonnen.

In der Hauptstadt Tunis wurde in der Nacht zum Mittwoch zum zweiten Mal eine Pressekonferenz verschoben, bei der die vorläufigen Zahlen eigentlich vorgestellt werden sollten. Es sei frühestens am Mittwochvormittag mit dem vorläufigen Endergebnis zu rechnen, hieß es. Am Dienstag hat es allerdings kaum noch Zweifel an einem deutlichen Sieg der gemäßigt islamistischen Ennahdha-Bewegung gegeben. Im Laufe des Tages veröffentlichte Ergebnisse aus einzelnen Wahlkreisen sahen die Partei von Rachid Ghannouchi nahezu ausnahmslos als stärkste politische Kraft. Sie selbst gab an, nach eigenen Berechnungen mehr als 40 Prozent der Sitze in der verfassungsgebenden
Versammlung besetzen zu können.

Nun hat die Ennahda bereits Koalitionsgespräche aufgenommen. Das führende Mitglied Nouredinne Bhiri sagte am Dienstagabend, es hätten Gespräche über eine Regierung begonnen, „von der niemand ausgeschlossen ist außer denen, die nicht teilhaben wollen“. Zuvor hatte sein Parteifreund Abdelhamid Jlassi angekündigt, die Ennahda werde mit der sozialistischen Ettakol und der linksnationalistische Kongress für die Republik (CPR) verhandeln. Ettakol-Chef Mustapha Ben Jafaar erklärte in einem Interview mit der belgischen Tageszeitung „Le Soir“, er kandidiere als Übergangspräsident Tunesiens. Teilergebnissen zufolge liegt die Ennahda in Führung, Umfragen zufolge dürfte sie aber die absolute Mehrheit der insgesamt 217 Abgeordneten in der verfassunggebenden Versammlung verfehlen.

Neun Monate nach dem Sturz des langjährigen Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali war die Wahl am Sonntag die erste Abstimmung für einen demokratischen Neubeginn in dem nordafrikanischen Land. Internationale Beobachter, darunter die der EU, bescheinigten der Wahl, zu der mehr als sieben Millionen Stimmberechtigte aufgerufen waren, einen fairen und transparenten Verlauf.

Die 217 Abgeordneten der verfassunggebenden Versammlung sollen eine neue Verfassung ausarbeiten und einen Präsidenten bestimmen, der dann den Chef einer Übergangsregierung ernennen soll. Kritiker werfen der Ennahda Fundamentalismus vor und glauben, sie wolle die Frauenrechte und die Meinungsfreiheit beschneiden. Sie galt unter Ben Ali als extremistisch und war verboten. Die Ennahda selbst vergleicht sich hingegen mit der islamisch-konservativen türkischen Regierungspartei AKP.

(AFP, dpa)

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