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Politik: Nahost-Friedensprozess: Kampf um eine Immobilie - Barak deutet eine Lösung in der Jerusalem-Frage an

Es war ein kleines Neujahrsgeschenk, das Israels Premierminister Ehud Barak den Palästinensern da überreichte. Kurz vor dem jüdischen Rosh-Ha-Shana sagte er der "Jerusalem Post", eine Friedensvereinbarung mit den Palästinensern werde zu einem zweigeteilten Jerusalem führen.

Es war ein kleines Neujahrsgeschenk, das Israels Premierminister Ehud Barak den Palästinensern da überreichte. Kurz vor dem jüdischen Rosh-Ha-Shana sagte er der "Jerusalem Post", eine Friedensvereinbarung mit den Palästinensern werde zu einem zweigeteilten Jerusalem führen. Mit "Al-Kuds", der "Heiligen", als Hauptstadt eines palästinensischen "Gebildes", wie Barak zurückhaltend formulierte.

Dass Jerusalem als Ganzes nicht ewig zu Israel gehören könnte, wie es jener berühmte Beschluss der Knesset von 1967 forderte, war seit langem klar. International war diese einseitige Wiedervereinigungserklärung ohnehin nie anerkannt gewesen. Denn die meisten Staaten, die diplomatische Beziehungen zu Israel unterhalten, weigern sich, ihre Botschaften von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Eigentlich haben aber auch die Israelis nie an jenes Postulat geglaubt, das der konservative Jerusalemer Bürgermeister Olmert, wie sein Vorgänger Teddy Kollek, täglich im Munde führt: "Jerusalem darf nie wieder geteilt werden".

Denn seit der Eroberung der Altstadt und des Ostteils der Stadt im Sechs-Tage-Krieg 1967 hat der jüdische Staat nichts getan, um Ost-Jerusalem in die rasant wachsene Weststadt zu integrieren. Kommunale Mittel flossen nur spärlich. Selbst unter dem Stadt-Ästheten Teddy Kollek wurde kaum etwas zur Verschönerung des Ostteils getan. Ein Kontrast, der umso deutlicher zu Tage trat, je mehr Parks und restaurierte Wohnviertel im Westen der Stadt von wachsendem Wohlstand kündeten.

Olmert hat die Versäumnisse jetzt endlich erkannt. Er bietet den Arabern Jerusalems nun sogar an, was sie über Jahrzehnte kaum bekommen konnten: die israelische Staatsbürgerschaft. Allein, es wird nichts helfen. Denn auch wenn die Stadt noch vereinigt ist - die Demarkationslinien zwischen dem jüdischen und dem arabischen Teil verlaufen im Kopfe und sind ausgeprägter denn je.

Was tun, wenn keiner nachgeben kann?

Seit dem Osloer Friedensprozess trauen sich zwar die Israelis wieder in die arabische Altstadt. Doch man merkt: Es ist nicht ihr Terrain. Sie sind dort nicht zu Hause. Fast genauso wenig wie die Touristen, die im Suk die Exotik des Orients suchen. Barak hat jetzt also nur ausgesprochen, was den meisten klar war: Dass die Palästinenser einen Teil Ostjerusalems zu ihrer Haupstadt machen werden. Ohnehin haben sie im Außenbezirk Abu Dis schon eine Art Regierungssitz gebaut. Doch die viel interessantere und umstrittenere Frage bleibt weiterhin ungeklärt: Wer soll die Souveränität über die Altstadt und den Tempelberg erhalten?

Die gestrigen Unruhen haben einmal mehr gezeigt, welcher Sprengstoff in dieser Frage steckt. Denn keine Seite kann es sich erlauben, auf diesen symbolisch und historisch bedeutsamen Ort zu verzichten. Der einzige Kompromiss besteht in der Lösung, die der UN-Teilungsplan schon 1947 vorsah. Damals sollte ganz Jerusalem unter internationale Verwaltung gestellt werden. Heute würde es genügen, sich auf die Altstadt mit dem Tempelberg zu beschränken.

Barak wollte zu einem UN-Regime nichts sagen. Und doch führt wohl kein Weg daran vorbei. Denn Arafat kann die Souveränität über den Tempelberg nicht den Israelis überlassen. Das ist für ihn die rote Linie. Aber auch für die Juden ist der Tempelberg der zentrale Ort der jüdischen Überlieferung, der Konzentrationspunkt der antiken jüdischen Nation, an die der Zionismus wieder anknüpfen wollte. Selbst wenn gläubige Juden nicht mehr auf dem Tempelberg beten dürfen, so ist dieser Hügel doch das geistige Zentrum des Judentums auch in der Diaspora geblieben. Auf ihn zu verzichten, hieße, eine vitale Verbindung des jüdischen Staates mit der Vergangenheit zu kappen. Der israelische Schriftsteller Amos Oz meinte schon vor einigen Jahren optimistisch, man werde den Konflikt schon beilegen, schließlich handele es sich im Kern nur um ein Immobiliengeschäft. Jetzt heißt es, für diese Immobilie einen neutralen Treuhänder zu finden.

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