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Politik: Niedersachsen: Bangen und Hoffen in Hannover

So mancher Wahlkämpfer in Niedersachsen wacht in diesen Tagen morgens mit einem flauen Gefühl im Magen auf - denn die Stimmungslage ist momentan so schwer einzuschätzen wie schon lange nicht mehr. Für die SPD spricht, dass eine Umfrage ihr vor wenigen Tagen klar die Rolle der stärksten Kraft zugewiesen hat.

So mancher Wahlkämpfer in Niedersachsen wacht in diesen Tagen morgens mit einem flauen Gefühl im Magen auf - denn die Stimmungslage ist momentan so schwer einzuschätzen wie schon lange nicht mehr. Für die SPD spricht, dass eine Umfrage ihr vor wenigen Tagen klar die Rolle der stärksten Kraft zugewiesen hat. Für die CDU spricht, dass sich die SPD auf Bundesebene momentan in einem Formtief befindet - auch wegen der Krise um Rudolf Scharping.

Die Blicke richten sich vor allem auf Hannover. Dort bewirbt sich für die SPD Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg, der seit 29 Jahren an der Spitze der 500 000 Einwohner zählenden Stadt steht. In der Umfrage wird ihm zwar eine satte Mehrheit von 50 Prozent bescheinigt, doch Schmalstieg ist in der eigenen Partei nicht unumstritten, Ministerpräsident Sigmar Gabriel gehört nicht unbedingt zu seinen Anhängern. Die CDU bietet eine Sympathieträgerin auf, die Vize-Vorsitzende der Landtagsfraktion, Rita Pawelski. Sie versucht, eine Wechselstimmung zu erzeugen, prangert den "Filz" im Rathaus an und gerät deshalb in heftigen Konflikt mit dem Personalratschef im Rathaus, der zu Schmalstiegs Freundeskreis gehört.

Falls Hannover für Schmalstieg verloren geht, wäre das anderthalb Jahre vor der Landtagswahl eine Demütigung für Ministerpräsident Gabriel und die Sozialdemokraten. Die Stadt, in der Kurt Schumacher die SPD nach dem Krieg wiederbelebt hat und in der dem heutigen Kanzler sein politischer Aufstieg gelang, wäre auf einmal keine sichere sozialdemokratische Hochburg mehr. Wenn es so käme, hätte der an Niederlagen gewöhnte CDU-Landesvorsitzende Christian Wulff auf einmal gute Chancen, bei seinem dritten Anlauf 2003 Ministerpräsident zu werden. Denn Niedersachsens CDU, seit elf Jahren im Landtag in der Opposition, giert nach einem Erfolgserlebnis, ohne das sie in tiefe Depression fallen würde.

Die Kommunalwahl hält auch für die CDU gefährliche Klippen bereit. Vor fünf Jahren lagen die Christdemokraten landesweit vorn, und es dürfte schwierig werden, diese Position zu behaupten - zumal die gut organisierte SPD diesmal viel Geld, Kraft und Material in den Wahlkampf gesteckt hat. Außerdem wird nicht nur in Hannover der Oberbürgermeister direkt gewählt - dies gilt auch für die Verwaltungschefs etlicher Kommunen, darunter in acht Großstädten und zwölf Landkreisen. In Braunschweig kämpfen Gert Hoffmann (CDU) und Gernot Tartsch (SPD) um den OB-Sessel, in Oldenburg verteidigt Jürgen Poeschel (CDU) sein Amt, Herausforderer ist der Sozialdemokrat Dietmar Schütz, der in Umfragen klar vorn liegt. In Lüneburg, Salzgitter und Wilhelmshaven ringt die SPD darum, ihre Bastionen zu halten, in Celle gilt das für die CDU.

Derweil versuchen alle Parteien, die Bedeutung der Kommunalwahl herunterzuspielen. Es gehe doch nur um die Rathäuser, verlautet aus der Umgebung des Ministerpräsidenten ebenso wie aus der des Oppositionsführers. Dabei wird verschwiegen, wie stark sich die überregionale Prominenz eingemischt hat - ob es Kanzler Gerhard Schröder, fast sein gesamtes Kabinett oder auf der anderen Seite Angela Merkel, Roland Koch und Edmund Stoiber sind. Was immer am 9. September abends ausgezählt sein wird - es weist auf jeden Fall weit über die reine Lokalpolitik hinaus.

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