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Bauerndemo vor dem neuen ICE-Werk in Cottbus.

© AFP/Jens Schlueter

Update

Andere Ampel-Politiker suchen Gespräch: Scholz meidet öffentlichen Auftritt vor Bauern-Demo

Bisher liege „ein fauler Kompromiss“ im Agrar-Streit vor, beklagt Bauernpräsident Rukwied. Mehrere Ampel-Politiker machen Gesprächsangebote. Kanzler Scholz vermeidet einen öffentlichen Auftritt.

| Update:

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat angesichts der massiven Proteste von Landwirten mit Vertretern der Branche gesprochen. Einen Aufritt bei einer Kundgebung des brandenburgischen Landesbauernverbands in Cottbus am Donnerstag vermied er jedoch.

Scholz war wegen der Eröffnungsfeier eines neuen Werks der Deutschen Bahn nach Cottbus gereist. Der Landesbauernverband hatte am selben Tag im Großraum der Stadt zu Protestaktionen mit Traktor-Konvois und einer Kundgebung aufgerufen und den Kanzler eingeladen. Scholz habe sich immerhin die Zeit genommen, mit ihm zu sprechen, sagte Verbandspräsident Henrik Wendorff auf der Veranstaltung.

Die Protestierenden quittierten dies mit Ausrufen wie „Ja, wo ist er denn?“. Auch das Wort „Feigling“ fiel wiederholt. Wendorff begrüßte, dass Scholz einen Dialog begonnen habe, „den wir schon lange, lange erwartet haben“. Das dies nötig sei, sei seitens der Politik leider „viel zu spät erkannt worden“. Er habe dem Kanzler auch klar gemacht, dass nur reden nicht ausreiche.

Angesichts der Proteste haben die Vorsitzenden der drei Ampel-Fraktionen im Bundestag die Spitzen der Landwirtschaftsverbände für Montag zu einem Gespräch über die wirtschaftlichen Perspektiven für landwirtschaftliche Betriebe eingeladen.

Bauernverbände und Ampel „an einen Tisch setzen“

Ein entsprechendes Schreiben der Fraktionschefs Rolf Mützenich (SPD), Britta Haßelmann (Grüne) und Christian Dürr (FDP) wurde nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Mittwochnachmittag verschickt.

Die Ampel-Regierung hat mit ihren Plänen für den Abbau der Steuervergünstigungen für Agrardiesel einen Proteststurm der Bauern ausgelöst, der auch durch Zugeständnisse der Regierung nicht gestoppt werden konnte. Derzeit läuft eine Aktionswoche, deren Höhepunkt am kommenden Montag (15. Januar) eine Großdemonstration in Berlin sein soll. An diesem Tag soll das Gespräch mit den Fraktionschefs stattfinden.

Auch die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger hat angesichts der Bauernproteste ein Krisentreffen von Bauern, Bund und Ländern vorgeschlagen.

Ein fauler Kompromiss, wie er derzeit auf dem Tisch liegt, kann keine Lösung sein – denn der wird keinen Traktor von der Straße holen.

Joachim Rukwied, Präsident Deutscher Bauernverband

„Bundesregierung und Bauern sollten sich jetzt - gerne auch mit den Ländern - an einen Tisch setzen und über eine Lösung reden“, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Eine Lösung könne darin bestehen, „die Kürzungen komplett zurückzunehmen oder in einer Kompensation an anderer Stelle“.

Schwesig beklagt mangelnde Kommunikation der Ampel

Wie Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) beklagte Rehlinger, dass die Ampel-Regierung die Pläne nicht vorab kommuniziert habe.

Schwesig hatte dem RND gesagt: „Wenn Entscheidungen getroffen werden, muss vorher miteinander gesprochen werden. Auch Kompromisse sollten gemeinsam gefunden werden.“

Zuvor hatte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ein Gremium analog zur Kohlekommission vorgeschlagen. Der Bund solle eine Kommission mit allen relevanten Interessenvertretern zur Zukunft der Landwirtschaft einberufen.

Bauernverband fordert Lösung im Parlament

Derweil machte der Bauernverband deutlich, dass er sich mit der von der Regierung vorgenommenen Entschärfung der Subventionskürzungen nicht zufriedengibt. Vielmehr dringt Präsident Joachim Rukwied auf eine Lösung im Parlament.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied am 9. Januar beim Neujahrsempfang im Schloss Bellevue.

© imago/APress

„Jetzt ist es an der Bundesregierung und an den Fraktionen im Deutschen Bundestag, diese Proteste zu beenden“, sagte er der dpa. „Ein fauler Kompromiss, wie er derzeit auf dem Tisch liegt, kann keine Lösung sein - denn der wird keinen Traktor von der Straße holen.“

Die Fraktionen müssten Rukwied zufolge nun intensiv über den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit in der Landwirtschaft beraten. Rukwied betonte: „Wir fordern die Fraktionen auf, intensiv darüber zu beraten, wie die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft erhalten bleiben kann und wie die Proteste beendet werden können.“

Streichung der Dieselsubvention: Wie geht es weiter?

Die Bundesregierung plant, die seit mehr als 70 Jahren bestehende Steuervergünstigung beim Agrardiesel nicht mehr auf einen Schlag abzuschaffen, sondern schrittweise über drei Jahre auslaufen zu lassen. Eine vorgesehene Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte hat die Koalition bereits ganz zurückgenommen.

Die vom Kabinett auf den Weg gebrachten Pläne kommen nun zu den parlamentarischen Beratungen in den Bundestag. Der Bauernverband hat die bisherigen Korrekturen als nicht ausreichend bezeichnet. (dpa)

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