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Angeblich kommt Peer Steinbrück bei den Frauen nicht gut an.

© dpa

Peer und die Frauen: "Sie nehmen doch nicht jeden?"

Hans Monath über den Auftritt Peer Steinbrücks im „Roten Frauensalon“ der SPD und das überraschende Angebot einer sozial orientierten Unternehmerin an den Kanzlerkandidaten.

Von Hans Monath

Manuela Schwesig gibt sich schon mal alle Mühe, das öffentliche Bild Peer Steinbrücks zurechtzurücken. „Ich verstehe nicht, dass die Medien immer schreiben, er würde Frauen nicht anziehen“, meint die stellvertretende SPD-Chefin und schaut dabei auf den Kanzlerkandidaten ihrer Partei, der am Donnerstagabend im Foyer des Willy-Brandt-Hauses zwischen vielen weiblichen Gästen sitzt. Schwesig sagt: „Wir hatten noch nie so viele Frauen beim Roten Frauensalon.“ Da klatscht das Publikum für sich selbst und vielleicht auch für den Kandidaten.

Peer Steinbrück beim „Roten Frauensalon“ der SPD – darüber hätten sich viele Sozialdemokraten vor einem halben Jahr wahrscheinlich noch sehr gewundert. Als Freund der organisierten Emanzipation in seiner Partei galt der Ex-Finanzminister nie. Zum Arbeitskreis sozialdemokratischer Frauen und dessen Chefin Elke Ferner, einer fröhlichen Vertreterin des linken Parteiflügels, hielt er Abstand. Als harter ökonomischer Rationalist, nicht als Politiker mit Sinn für weiche Themen hatte sich der Ex-Finanzminister einen Namen gemacht.

Doch nun sitzt der 65-Jährige mitten unter den Vertreterinnen jener Gruppe, auf die er wenig überzeugend wirkt, wie Demoskopen herausgefunden haben. Steinbrück selbst weiß, dass die Wählerinnen mit ihm ein Problem haben – er hat es sogar in größeren Runden mit seinen Genossen angesprochen und erklärt, er wolle daran arbeiten. Doch der Termin des „Roten Frauensalons“ im Willy- Brandt-Haus war lange vor seiner Ausrufung zum Kandidaten geplant und ist nicht inszeniert worden, um ihm ein Podium zu bieten. Trotzdem will er die Chance nutzen, die ihm zugefallen ist.

Zunächst aber muss er geduldig zuhören, wie das wirkliche weibliche Leben auf die Politik trifft. Auf dem Podium debattieren Unternehmerinnen und Pflegerinnen, eine Regisseurin und SPD-Politikerinnen über Überlebensstrategien von Solo- Selbstständigen, Respekt und Anerkennung für soziale Berufe und darüber, wie man die Rollen der Frau, der Kollegin, der Mutter und Partnerin unter einen Hut bringt. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles erzählt vom mühsamen Versuch, gleichzeitig ihr Kind zu betreuen und ihr Amt auszufüllen.

Am Tisch des Kandidaten sitzt eine junge Frau mit dem Namensschild „Anne Steinbrück“. Es ist seine 33-jährige Tochter. Hat sie nur Interesse am Auftritt des Vaters oder inszeniert sich ein Politiker mit Defiziten in der emotionalen Wirkung nun als Familienmensch? Den Fotografen und Kameraleuten liefern die beiden jedenfalls das Bild des Abends.

Nach einer Stunde holt die Moderatorin Steinbrück aufs Podium - für einen Auftritt von elf Minuten. Zur Rollenteilung in der Familie („Meine Frau wollte immer berufstätig sein“) und zur Betreuung der Kinder (Großmutter und Au- pair-Mädchen) gibt er Auskunft. Dann bekennt sich Steinbrück zur Frauenquote: „Ich mache keinen Hehl daraus, dass es da bei mir eine Lernkurve gegeben hat.“ Dafür gibt es viel Beifall wie auch für die Forderung nach gleicher Bezahlung von Frauen und für die Attacken aufs Betreuungsgeld („Schwachsinn“). Dann mischt sich der Kandidat unter die Zuhörerinnen – das kleine Format mögen Wählerinnen auch lieber als Großveranstaltungen.

Eine Textilunternehmerin, die hoffnungslose Fälle aus dem Arbeitsmarkt einstellt, hatte vom Podium aus zuvor ein Angebot gemacht. „Sie nehmen doch nicht jeden?“, fragte die Moderatorin. Antwort: „Doch, selbst Herrn Steinbrück, wenn er sagt, es wird nix mit der Nummer 1.“ Er dürfe sich sogar entscheiden – zwischen Zuschnitt und Rechnungswesen. Da lachte auch der Kandidat.

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