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Politik: Sieben Kinder und ein Regierungsamt

Die Ärztin Ursula von der Leyen wird in Niedersachsen neue Ministerin für Familie und Soziales

Der Spitzname passt einfach besser zu ihr. ,,Röschen' hat ihr Vater Ernst Albrecht sie genannt. Das war vor einem Vierteljahrhundert, als der CDU-Politiker niedersächsischer Ministerpräsident wurde und über seine Familie gern und oft in den Zeitungen berichtet wurde. Heute ist Dr. Ursula Gertrud von der Leyen, geborene Albrecht, selbst eine Spitzenpolitikerin. Wenn Christian Wulff Anfang März niedersächsischer Ministerpräsident wird, soll die 44-jährige Ärztin aus Sehnde bei Hannover neue Familien-, Sozial- und Frauenministerin werden. Möglicherweise steigt sie sogar zur stellvertretenden Ministerpräsidentin auf, falls nicht die FDP diese Position beansprucht.

Das Lächeln und ihren rhetorischen Schliff hat die CDU-Frau von ihrem Vater geerbt. Aber während Albrecht zuweilen als etwas distanziert und unnahbar galt, ist Ursula von der Leyen eine Menschenfischerin. Sie geht auf die Leute zu, strahlt Wärme aus und ist somit in kurzer Zeit zur Sympathieträgerin der Niedersachsen-CDU geworden. Das ist viel Wert in einer Partei, in der engagierte Frauen eher noch zu einer Minderheit zählen. Ihr Wesen hat die Politikerin wohl von der im vergangenen Jahr gestorbenen Mutter, erzählt man sich in der Partei.

Der Aufstieg der Ärztin ist in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Zum einen hat sie, trotz ihres Elternhauses, nicht die in der CDU typische Herkunft. Als Kind erlebte sie zwar mit, wie ihr Vater Politik gemacht hat. Denn Ernst Albrecht pflegte sich bei seinen Gesprächen und Verhandlungen – soweit sie zu Hause stattfanden – nie von seiner Familie abzuschotten.

Aber die junge Frau wollte zunächst nichts mit Politik zu tun haben, wurde Ärztin. Der CDU schloss sie sich 1990 an, als ihr Vater abgewählt und Gerhard Schröder neuer Ministerpräsident wurde. Erst vor zwei Jahren, bei den Kommunalwahlen, engagierte sie sich in ihrer Heimatstadt, wurde Ortsbürgermeisterin des kleinen Dorfes Ilten. Zuvor schon hatte Wulff sie als Beraterin in seinem Wirtschafts-Gesprächskreis schätzen gelernt.

Als ungewöhnlich können hier zu Lande auch von der Leyens Lebensumstände gelten. Sie hat sieben Kinder, das jüngste ist noch nicht im Kindergarten. Ihr Fachgebiet als Ärztin ist ,,Bevölkerungsmedizin und Gesundheitswesen' und hätte somit keine Mühe, auch ohne die Politik gut ausgelastet zu sein. Ihr Mann, ebenfalls Arzt, und eine Kinderfrau werden sich künftig um den Haushalt kümmern, wenn von der Leyen im Ministerium arbeitet.

Wie kann jemand mit sieben Kindern in die Politik gehen, wird sie oft gefragt. Von der Leyen antwortet darauf immer sehr gelassen. Ein intaktes Leben in einer Großfamilie, Beruf und Politik könne man eben doch unter einen Hut bringen. Und sie versucht nicht, ihr Privatleben vor der Öffentlichkeit verbergen. Aber die 44-Jährige weiß auch, dass sie einen harten Job übernehmen wird. Für viele ihrer Projekte, etwa 50 ,,Mehrgenerationenhäuser' aufzubauen, braucht man Geld, das nicht vorhanden ist. Und die CDU-Frau bekommt das wohl unbeliebteste Ressort des Landes. Wegen der Größe und des Aufgabenzuschnitts gilt das Sozialministerium längst als unregierbar.

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