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Sozialdemokraten von heute und gestern: Sigmar Gabriel und Oskar Lafontaine.

© Rainer Jensen/dpa/Thilo Rückeis

Update

SPD-Krise und Linkspartei: Sigmar, Oskar und das Allzeittief

Die SPD und ihr Chef suchen Wege aus der Krise. Kann Oskar Lafontaine helfen? Sigmar Gabriel spielte die Bedeutung des Treffens mit dem Ex-Linken-Vorsitzenden am Freitagabend herunter.

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Es ist nicht das schlechteste unter vielen schlechten Umfrageergebnissen, welche die SPD in diesen Wochen wegstecken muss. Aber es ist der niedrigste Wert, den die Forschungsgruppe Wahlen je gemessen hat. Nur 21 Prozent würden sich für die SPD entscheiden, wenn am Sonntag gewählt würde. Das hat das Politbarometer im Auftrag von ZDF und Tagesspiegel ergeben. Der Trend nach unten – er scheint unaufhaltbar.

Die Nachricht vom neuen Allzeittief verstärkt die Angst der Genossen vor einem Totalabsturz, wie ihn etliche europäische Schwesterparteien bereits erlitten haben. In der Bundestagsfraktion ist die Stimmung zunehmend gereizt, denn viele Abgeordnete ahnen, dass sie dem nächsten Parlament nicht mehr angehören werden. Nicht nur in der Fraktion stellen sich viele die Frage, ob mit Sigmar Gabriel als Parteichef und Kanzlerkandidat eine Trendumkehr noch möglich ist.

Dabei hatte der Vorsitzende zum Wochenauftakt mit seinem Auftritt auf der SPD-Gerechtigkeitskonferenz und in der Fraktion versucht, die Reihen zu schließen. Im Willy-Brandt-Haus beschwor er das Profil der SPD als Hüterin der sozialen Gerechtigkeit. Vor den Abgeordneten sagte er den „neoliberalen Kräften“ den Kampf an, denen sich die Sozialdemokratie mit Macht entgegenstellen müsse.

So manche haben ihr Urteil längst gefällt

Öffentlich gab es dafür viel Zuspruch, vor allem vom linken Parteiflügel. Wirklich beruhigen konnte Gabriel die Zweifler nicht. Zwar herrscht Einigkeit darüber, dass die Misere der SPD nicht allein beim Vorsitzenden abgeladen werden kann. Doch bis in die Führung der Partei hinein wird Gabriel ein massives Glaubwürdigkeitsproblem bescheinigt – nach innen wie nach außen. Manche haben ihr Urteil deshalb bereits gefällt: Mit Gabriel an der Spitze werde es nicht mehr besser.

So nervös ist die Stimmung unter den Sozialdemokraten, dass Ereignisse registriert und mit Bedeutung aufgeladen werden, die in ruhigen Zeiten weniger Beachtung finden würden. Dass sich Gabriel am Freitag im Saarland mit Ex-Linkenchef Oskar Lafontaine zum Gespräch traf, werteten manche SPD-Politiker als Signal. „Wenn ich gewusst hätte, welche Aufmerksamkeit eine Tasse Kaffee mit Oskar Lafontaine im Saarland erzeugt, bin ich froh, dass ich mit ihm kein Bier trinken war“, sagte Gabriel bei einem industriepolitischen Kongress am Freitagabend in Völklingen, nachdem verschiedene Medien über das geplante Treffen berichtet hatten. Gabriel spielte dessen Bedeutung herunter und betonte die Distanz zu dem einstigen Parteigenossen und späteren Linksparteichef. Es sei „erstaunlich, welche Fantasien man auslöst, wenn man ein entspanntes Verhältnis zu jemanden hat, mit dem man politisch derzeit nicht allzu viel gemeinsam hat“, sagte er. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dauerte das Gespräch in einem Völklinger Restaurant etwa eine Stunde.

Als „genial“ bejubelte die Abgeordnete Hilde Mattheis vom linken Flügel die Zusammenkunft im Vorfeld auf Twitter. Mattheis steht seit Langem für einen scharfen Linkskurs der SPD und pocht darauf, Rot-Rot-Grün im Bund vorzubereiten. Der Abgeordnete Frank Schwabe erinnerte an das von Gabriel geforderte Solidarprojekt mit Milliardeninvestitionen. Wenn dieses Wirklichkeit werden solle, sei eine „rot-rot-grüne Zusammenarbeit die einzig realistische Perspektive“, sagte er dem Tagesspiegel.

Rot-Rot-Grün als Ausweg aus der Not? Dass Gabriel ein solches Risiko auf sich nehmen könnte, gilt derzeit als ausgeschlossen. Ansonsten aber ist in der SPD nichts mehr undenkbar – auch ein Wechsel des Vorsitzenden nicht. Am 23. Mai kommen das SPD-Präsidium und die SPD-Ministerpräsidenten zu einer Krisensitzung zusammen. (mit dpa)

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