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Für Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist die Affäre um die Standardwaffe der Bundeswehr eine Belastung.

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Update

SPD-Angriffe auf den Koalitionspartner: Woche der Unfreundlichkeiten

Zuerst attackierte die SPD den eigenen Koalitionspartner wegen des BND-Skandals. Nun greift sie in der G36-Affäre direkt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen an. Die hat am Freitag personelle Konsequenzen gezogen und einen früheren Abteilungsleiter gefeuert.

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Gurkentruppe, Wildsau, Schizophrenie, Totalverweigerer – noch sind SPD und Union nicht bei dem Vokabular angelangt, mit dem sich einst die schwarz-gelbe Vorgängerregierung beharkte. Es kann aber bald so weit kommen. Denn die Sozialdemokraten greifen seit mehreren Tagen gezielt Führungspersonal der Union an und strapazieren damit die Nerven ihres Koalitionspartners. Jüngstes Beispiel: die Attacke von SPD- Generalsekretärin Yasmin Fahimi auf Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Am Freitag forderte Fahimi einen Untersuchungsausschuss zur Affäre um das Sturmgewehr G36. Der Ministerin sei die "Kontrolle ihres Hauses entglitten", ätzte die SPD-Politikerin.

SPD-Chef Sigmar Gabriel begann mit den Attacken

Die Woche der Unfreundlichkeiten hatte kein anderer als Parteichef Sigmar Gabriel eingeleitet. Am Montag rückte der Vizekanzler Regierungschefin Angela Merkel in den Mittelpunkt der Abhöraffäre um BND und NSA. Merkel habe ihm zweimal versichert, es gebe keine Hinweise auf Wirtschaftsspionage, tat der SPD-Vorsitzende kund. Damit stellte er der Partnerin eine Falle: Sollte sich herausstellen, dass der BND dem US-Geheimdienst doch beim Ausspähen deutscher Firmen behilflich war, stünde Merkel als Lügnerin oder Versagerin da. Seither hat Gabriel mehrfach versichert, es gehe ihm allein um den Schutz der deutschen Wirtschaft vor Spionage und nicht etwa parteipolitische Profilierung.

Auffällig ist aber, wie gezielt SPD-Politiker nun jede Gelegenheit für Kritik an der Union nutzen und welchen harschen Ton sie dabei anschlagen – auch jetzt im Streit um das G36. Denn im Gegensatz zur SPD hatte die Union einen Untersuchungsausschuss für unnötig erklärt. Dass Fahimi den nun fordert, ist ein Affront – genauso wie ihre Wortwahl.

"Wenn hier nicht restlos aufgeklärt wird, gefährden wir das Vertrauen in unsere Demokratie", tönte die Generalsekretärin: "Hier tun sich Abgründe im Verteidigungsministerium auf." Die zuständige Ministerin dürfe einer rückhaltlosen Aufklärung nicht länger im Weg stehen.

Die Affäre um das Gewehr der Bundeswehr hat das Zeug zum Skandal

Was Fahimi als Anlass für ihren Angriff dient, hat in der Tat das Zeug zum Skandal. Mitte der Woche war bekannt geworden, dass der G36-Hersteller Heckler & Koch und Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums Ende 2013 wegen negativer Medienberichte über die Treffsicherheit des Gewehrs versucht hatten, den Militärischen Abschirmdienstes (MAD) einzuschalten. Der sollte Informanten von Journalisten ausfindig machen, die kritisch über die Treffsicherheit des Gewehrs berichtet hatten.

Der MAD-Chef lehnte das Ansinnen von Heckler & Koch ab

Zwar kam es nie so weit, weil sich der MAD-Chef dem Ansinnen verweigerte. Aber die Initiative zur Medien-Bespitzelung kam aus der Rüstungsabteilung des Ministeriums, wie Leyen selbst bestätigen musste. Daraufhin forderten die Grünen als Erste einen parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur Klärung der Vorfälle. Heckler & Koch wies die Vorwürfe zurück.

Für Ursula von der Leyen ist dies eine große Belastung

Für die Verteidigungsministerin ist diese Weiterung der Affäre um die Standardwaffe der Bundeswehr eine Belastung. Sie hatte zwar angekündigt, die Rüstungsbeschaffung neu aufzustellen, die Affäre aber nicht öffentlich gemacht. Offenbar lag der Bericht über die Vorgänge im Ministerium schon im März 2014 vor, gelangte aber nicht über die Referentenebene hinaus.

Kleinlaut erklärte die Inhaberin der Behelfs- und Kommandogewalt am Donnerstag: "Wenn es jetzt einen Untersuchungsausschuss geben sollte, dann ist das für mich in Ordnung, denn wir wollen Klarheit darüber haben, was da vorgegangen ist." Am Freitag zog sie die Konsequenz und feuerte den früheren Abteilungsleiter. Das Personalverfahren gegen den Mann ist allerdings etwas kompliziert, weil der 59-Jährige derzeit als Beamter beurlaubt ist und als Geschäftsführer den Fuhrpark der Bundeswehr leitet. Selhausen war bis Februar 2014 für den Bereich Ausrüstung und Informationstechnik im Ministerium zuständig. Von der Leyen entband ihn bereits damals wegen der gravierenden Mängel im Rüstungsbereich von dieser Aufgabe. Er soll nun auch seine Geschäftsführertätigkeit aufgeben müssen.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber reagiert scharf

Auf die SPD-Angriffe reagierte am Freitag CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Fahimi erweise "sich sowohl in der Sache wie auch in der Wortwahl als wenig treffsicher", kritisierte er: "Verbales Herumballern dient kaum der sachlichen Aufklärung." Ursula von der Leyen habe "in ihrer politischen Verantwortung schon in der Vergangenheit Probleme direkt benannt und wird das auch künftig tun", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Dass sich die SPD auf diese Weise zur Ordnung rufen lässt, glaubt in der Union allerdings kaum einer.

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