zum Hauptinhalt
Den Schulterschluss mit den Gewerkschaften suchte Peer Steinbrück (rechts), doch DGB-Chef Michael Sommer betonte die parteipolitische Unabhängigkeit.

© dpa

SPD: Steinbrück kommt - in Deckung!

Pannen, Getuschel, Nervosität: Peer Steinbrücks Absturz in den Umfragen setzt den Sozialdemokraten zu, doch offen äußert sich dazu niemand – vorerst.

Von
  • Matthias Meisner
  • Antje Sirleschtov

Berlin - Noch vier Tage bis zur Landtagswahl in Niedersachsen, und das Umfrageinstitut Forsa meldet den Absturz der Sozialdemokratie. Wäre am Sonntag Bundestagswahl, würden nicht mehr als 23 Prozent der Deutschen SPD wählen, noch weniger wollen deren Kandidaten im Kanzleramt sehen. Als Peer Steinbrück am Mittwoch in Berlin vor die versammelte Hauptstadtpresse tritt, kann man ihm die Nervosität ansehen. „Hat Deutschland keine anderen Themen“, zischt er und verzieht bitter das Gesicht, als er auf ein Treffen im Wohnzimmer von Parteianhängern angesprochen wird, das eigentlich als Treffen mit „normaler Bevölkerung“ angekündigt worden war.

Wieder so eine Panne, wieder wird getuschelt über das Vermögen des Wahlkämpfers Steinbrück. Es sieht so aus, als könnte der Kandidat seiner Partei die Niedersachsenwahl und damit den Auftakt zur Bundestagswahl verhageln. Von Desaster hört man führende Sozialdemokraten reden und darüber, welche Alternativen es für den Fall gibt, dass die schlimmen Befürchtungen am Sonntag eintreten und Schwarz-Gelb in Hannover weiterregieren kann. Für Rot-Grün wäre das so, als ob ein Boxer den Kampf am Ende verliert, obwohl sein Gegner seit der ersten Runde schwer angeschlagen in den Seilen hängt.

Aber es gibt keine Alternative. So klar müssen es die Spitzen der SPD sehen. Am Wochenende hatte sich Parteichef Sigmar Gabriel hinter Steinbrück gestellt, an diesem Mittwoch riefen Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und die nordrhein-westfälische Regierungschefin Hannelore Kraft zum Zusammenstehen mit Steinbrück auf. Er sei „unser Kandidat vor und nach der Niedersachsenwahl“, sagte Steinmeier Spiegel Online.

Steinbrück sucht unterdessen entschlossen nach Themen, die von seiner Person ablenken können. Am Mittwoch traf er die Spitze des Deutschen Gewerkschaftsbundes und lehnte sich erkennbar an. Nachdem deren Chef, Michael Sommer, tags zuvor die CDU-Kanzlerin Angela Merkel empfangen hatte und auch jetzt wieder die parteipolitische Unabhängigkeit der Gewerkschaften betonte, sagte Steinbrück, es würde ihn „sehr wundern“, wenn die Gewerkschaften zu einem anderen Ergebnis kämen, als dass sie bei der SPD am besten aufgehoben seien. Man könne das allein an den ähnlichen Einschätzungen in Fragen gleicher Bezahlung von Frauen und Männern, gesetzlicher Mindestlöhne, Renten, Bildungsgerechtigkeit und der Stärkung der Tarifbindung und Verbesserung des Betriebsverfassungsgesetzes sehen. Woraufhin sich DGB-Chef Sommer versöhnlich zeigte. Gewerkschaften und SPD hätten sich bei diesen Themen weitgehend angenähert, sagte er. „Aber wir sind nicht deckungsgleich.“ Und das sei auch gut so. Mehr Unterstützung will Sommer dem Kanzlerkandidaten nicht mitgeben.

Die SPD-Linke findet den Absturz ihrer Partei in Umfragen zwar nervig. Aber das bedeutet nicht, dass irgendwer Öl ins Feuer gießen würde. Linken-Wortführerin Hilde Mattheis meint, „solche Umfragen stacheln einen an und dürfen einen nicht resignieren lassen. Wir konzentrieren uns jetzt erst mal auf Niedersachsen.“ Die Betonung dabei dürfte auf erst mal liegen, und auch andere halten sich zurück. „Da äußere ich mich nicht dazu“, sagte die frühere hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti zu den schlechten Werten der Partei und vor allem Steinbrücks. Juso-Chef Sascha Vogt will erst am Wahlabend wieder gesprächsbereit sein. Und der Schweriner Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) möchte nach Auskunft eines Sprechers zum Thema „keine Debattenbeiträge liefern“.

Etwas deutlicher werden andere – aber nur hinter vorgehaltener Hand. „Natürlich lässt mich das nicht ungerührt“, sagt ein Bundestagsabgeordneter aus dem linken Flügel. „Das kann keinen bei uns ungerührt lassen.“ Ob es bald parteiintern eine Diskussion über Steinbrück als richtigen oder falschen Kandidaten gebe, hänge vom Ausgang der Landtagswahl ab.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false