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Schwärmt von der Kanzlerin: Torsten Albig ist ein Fan von Angela Merkel.

© Maurizio Gambarini/dpa

SPD und Sigmar Gabriel: Torsten Albig glaubt eher an Angela Merkel

Torsten Albig, SPD-Ministerpräsident aus Kiel, will nicht mehr mal einen Kanzlerkandidaten ins Rennen schicken. Das befeuert die Debatte um Sigmar Gabriel.

Von Hans Monath

Die Kompetenzwerte der SPD auf vielen Politikfeldern sind schlecht. Doch zumindest in der Disziplin der Selbstzerfleischung lassen sich die Sozialdemokraten von niemanden übertreffen. Sollte Sigmar Gabriel trotzdem gehofft haben, die Rebellion vieler Genossen gegen die dauernden Kurswechsel ihres eigenen Vorsitzenden werde lautlos im Sommerloch verschwinden, dürfte er am Freitag eine böse Überraschung erlebt haben. Denn mit Torsten Albig bezweifelte ein sozialdemokratischer Ministerpräsident ganz offen die Siegeschancen seiner eigenen Partei bei den Bundestagswahlen 2017. Prompt war die Debatte über den desolaten Zustand der SPD und ihrer Führung wieder im Gange.

Ohne jede Not erklärte der schleswig-holsteinische Regierungschef eine mögliche Kanzlerkandidatur des Vorsitzenden der 25-Prozent-Partei SPD im Jahr 2017 für de facto aussichtslos. In einem vor der malerischen Kulisse eines Ostsee-Yachthafens aufgezeichneten TV- Interview des NDR sagte Albig, er habe keinen Zweifel, dass Sigmar Gabriel es exzellent machen werde. Aber er glaube, dass es schwer sei, gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu gewinnen: "Ich glaube, sie macht das ganz ausgezeichnet – sie ist eine gute Kanzlerin."

Wäre heute Wahl, so Albig, wäre es eine legitime Aussage, dass eine Regierung, an der Sozialdemokraten beteiligt sind, eine bessere Regierung sei als eine, in der die Union alleine regiere. An der nächsten Regierung beteiligt zu sein, könne daher auch Wahlziel für seine Partei sein, meinte der Regierungschef. Und dafür brauche man einen starken Kandidaten. "Ob die Bezeichnung Kanzlerkandidat noch richtig ist oder nicht, das werden wir sehen." Vor unrealistischen Wahlzielen riet Albig schärfstens ab: Zu behaupten, die SPD erwarte die absolute Mehrheit, wäre "ziemlich bescheuert".

Manchem setzt die Sommerhitze zu

Dem eigenen Parteichef jedenfalls leistete der Genosse aus dem Norden damit einen Bärendienst. Denn der hat kein Interesse daran, dass die mageren Siegeschancen der SPD und seine eigene Schwäche zum Dauerthema werden. Gabriel hatte in den vergangenen Monaten die Partei durch seinen Ausflug zu Pegida-Anhängern und seinen Schwenk hin zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung so schwer verstört, dass manche laut schon über einen "Zick-Zack-Kurs" stöhnten. Entsetzen quer durch alle Parteiflügel rief dann aber sein Plädoyer für einen Austritt Griechenlands aus dem Euro hervor, das nur wegen des Widerstands der engeren Parteiführung nicht zur offiziellen Parteilinie erklärt wurde.

Prompt war wegen Gabriels "Grexit"- Kurs von Verrat an SPD-Grundwerten die Rede. Juso-Landesverbände, so heißt es in der Partei, konnten nur mit Mühe von Rücktrittsforderungen abgehalten werden. Trotz gewaltiger Empörung verzichteten die meisten SPD-Funktionäre aber auf öffentliche Kritik. Allein der Berliner Fraktionschef Raed Saleh empfahl, Gesine Schwan zur Kanzlerkandidatin zu küren, was in der Partei aber nur mit mitleidigem Kopfschütteln quittiert wurde.

Vor diesem Hintergrund ist die Verärgerung zu sehen, die Albig in der SPD auslöste. "Der Gedanke ist völlig abwegig, dass die SPD ohne Kanzlerkandidaten in die Bundestagswahl 2017 gehen könnte", konterte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi im „Spiegel“. Die SPD kämpfe für ein Ende der großen Koalition mit Politik, Programm und Personal.

Auch SPD-Vizechef Ralf Stegner widersprach. Eine Partei, die in 14 von 16 Ländern und in fast jeder deutschen Großstadt regiere, könne "natürlich nicht den Anspruch aufgeben, den Kanzler zu stellen", sagte der Chef der Schleswig-Holstein-SPD. Vielleicht habe Albig "norddeutschen Humor" sprechen lassen. Falls das der Fall gewesen sein sollte, ist Albig Wiederholungstäter. Schon im März hatte er die Chancen der SPD gegen Merkel als gering bezeichnet. Auf den neuen Vorstoß reagierte Berlins SPD- Chef Jan Stöß auf "Facebook" mit dem lakonischen Satz: "Manchen setzt die Sommerhitze anscheinend ziemlich zu, vor allem im Norden."

Die CDU reagierte erfreut auf die Steilvorlage von der Küste. "Es ist toll, dass viele Sozialdemokraten Angela Merkel für eine gute Kanzlerin halten – wie Torsten Albig", sagte Generalsekretär Peter Tauber. Zugleich warnte der CDU-Politiker die SPD davor, sich falschen Hoffnungen hinzugeben. "Wenn Angela Merkel wieder antritt, dann für die CDU und nicht für die SPD." Zumindest das wäre also geklärt.

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