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Wie bringt man den Bundestag wieder in Richtung Normalgröße?  

© dpa/Michael Kappeler

Union schlägt vor, Ampel lehnt ab: Kein Weiterkommen bei der Wahlrechtsreform

Der erste Versuch misslang, der zweite nun auch: SPD, Grüne und FDP können sich für Reformideen aus der CDU/CSU-Fraktion nicht begeistern

Kaum hat die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag der Ampel zur Wahlrechtsreform ein Angebot gemacht, folgt schon das zweite. Doch es stößt nicht auf Gegenliebe, so wenig wie das erste. Das lief auf das so genannte Grabenwahlsystem hinaus – eine Hälfte der Mandate wird über Mehrheitswahl vergeben, die andere via Verhältniswahl. Die Union nennt das Modell mittlerweile „echtes Zwei-Stimmen-System“.

Da aber zwischen beiden Hälften nicht verrechnet wird wie bisher bei der ähnlich gebauten personalisierten Verhältniswahl, gibt dieses System den Parteienproporz nach den Zweitstimmen nicht wieder. Eine Mehrheit für den Vorschlag gibt es im Bundestag nicht, favorisiert wird das System nur von einer starken Minderheit in der Unionsfraktion. SPD, Grüne und FDP haben es schon in der Wahlrechtskommission des Bundestags im vorigen Jahr strikt abgelehnt.

Nun hat die Union einen Vier-Punkte-Vorschlag gemacht. Sie bietet an, die Zahl der Wahlkreise von derzeit 299 „auf beispielweise 270“ zu verringern. Damit würde auch die Zahl der Überhänge und Ausgleichsmandate reduziert, man käme so derzeit auf etwa 660 Sitze. Aktuell hat der Bundestag 736 Abgeordnete, bei einer gesetzlichen Ausgangsgröße von 598.

Wieder Überhänge ohne Ausgleich?

Zudem schlägt die Union vor, bis zu 15 Überhangmandate ohne Ausgleich zu lassen. Auch das würde zwar den Aufwuchs an Mandaten bremsen, könnte aber den Parteienproporz verzerren.

Dritter Vorschlag: Parteien, die unter der Fünf-Prozent-Hürde liegen, sollen doch in den Bundestag kommen, wenn sie fünf Wahlkreise gewinnen. Bisher reichen drei. Zudem soll das Sitzzuteilungssystem im aktuellen Wahlrecht ein bisschen optimiert werden.

Doch aus allen drei Ampel-Fraktionen kommt Kritik. Die Union, so der Tenor, wolle sich vor allem mit den unausgeglichenen Überhängen wieder nur Vorteile verschaffen. Laut SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese wird es immer klarer: „Eine echte Wahlrechtsreform ist mit der Union nicht zu machen.“ Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Haßelmann sagte der Nachrichtenagentur AFP: „Die Union will sich selbst zum Profiteur einer Reform machen und mit ihren Vorschlägen die Probleme auf Kosten der anderen Parteien lösen.“ Der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle kritisierte, CDU und CSU beharrten weiter „auf einer Sonderbehandlung“.

Nach einer Berechnung des Hamburger Wahlinformationsdienstes „election.de“ für den Tagesspiegel auf Basis der aktuellen Umfragen käme es derzeit zu bundesweit 28 Überhangmandaten. Davon entfielen 17 auf die CDU, fünf auf die CSU, vier auf die AfD und zwei auf die SPD. (mit AFP)

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