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Warten im Schnee. Flüchtlinge am Wochenende an der deutsch-österreichischen Grenze.

© dpa

Flüchtlinge: Union, SPD und Grüne für "Kontingente"

Sichere Wege und eine begrenzte Flüchtlingszahl – darin sind sich Union, SPD und Grüne einig. Dabei wird der Begriff "Kontingente" benutzt. Das Wort "Obergrenze" bleibt dagegen umstritten.

Von
  • Hans Monath
  • Robert Birnbaum

Der Vorschlag, Kontingente für Flüchtlinge festzulegen, findet inzwischen über die große Koalition hinaus Unterstützer. Er sehe in dieser Frage einen „großen breiten Parteienkonsens“, der bis in die Reihen der Grünen reiche, sagte der CDU-Vizevorsitzende Armin Laschet am Dienstag im WDR-Radio. Laschet, der auch CDU-Landeschef in NordrheinWestfalen ist, begrüßte die Absicht, mit einer Kontingentregelung die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge zu reduzieren. Man müsse „wegkommen“ von der Zahl von einer Million Menschen, die pro Jahr nach Deutschland flüchteten.

Die Spitzen der Koalition hatten Anfang November vereinbart, mit der Türkei über Kontingente für Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien zu verhandeln. Auch SPD und CSU machten sich damit eine Idee zu eigen, die ursprünglich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vorgeschlagen hatte. Danach soll die EU der Türkei finanzielle Hilfe bei der Versorgung von rund zwei Millionen syrischer Flüchtlinge in dem Land sowie die Aufnahme bestimmter Flüchtlingszahlen in Europa versprechen. Im Gegenzug soll Ankara die Grenze zur EU sichern.

Einer bestimmten Zahl von Flüchtlingen soll damit eine legale und vor allem sichere Einreise in die EU ermöglicht werden. Auch die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl sprach sich deshalb für die Kontingentlösung aus. Dann müssten Flüchtlinge keine illegalen Wege gehen und nicht die lebensgefährliche Route über die Ägäis auf sich nehmen, erklärte Geschäftsführer Günter Burkhardt. Allerdings dürften Kontingente nicht das individuelle Asylrecht aushebeln.

Auch die SPD begründet ihr Eintreten für die Kontingentlösung mit humanitären Überlegungen. Flüchtlinge seien dann nicht mehr auf Schlepper und gefährliche Wege angewiesen, argumentiert Parteichef Sigmar Gabriel. Eine nationale Obergrenze für Flüchtlinge, wie sie die CSU fordert, lehnen die Sozialdemokraten ebenso entschieden ab wie eine Änderung des Asylartikels im Grundgesetz. Allerdings sieht auch die SPD- Führung in der Kontingentlösung ein Instrument, ohne Grundgesetzänderung den Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland zu begrenzen.

Es soll eine doppelte Botschaft ausgesendet werden

Parteichef Gabriel machte diesen Aspekt nun unmissverständlich deutlich. Eine Entlastung Deutschlands sei „absolut erforderlich“, sagte der SPD-Politiker der „Süddeutschen Zeitung“. Die Bundesrepublik müsse „viel mehr tun, um staatliche Steuerung und Kontrolle der Flüchtlingsbewegung wiederzugewinnen“. Dies erwarte der Bürger vom Staat.

Mit der Doppelbotschaft – einerseits humanitäres Angebot, andererseits Begrenzung – versucht Gabriel widerstrebende Interessen in der eigenen Partei und der eigenen Wählerschaft zu befrieden. Während ein Teil der Sozialdemokraten sich vor allem auf die Verteidigung von Asyl- und Flüchtlingsrechten konzentriert, verlangen Kommunalpolitiker Entlastung. Die Einigung auf die Kontingentlösung soll zudem den Vorwurf von CSU und CDU-Innenpolitikern entkräften, wonach die SPD eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen blockiere.

Der Thüringer CDU-Fraktionschef Mike Mohring unterstützt unterdessen die Forderung des sachsen-anhaltinischen Regierungschefs Rainer Haseloff (CDU) nach Flüchtlings-Obergrenzen. „Eine Debatte über Obergrenzen und Kontingente ist absolut notwendig“, sagte Mohring dem Tagesspiegel. „Über die Belastungsgrenze muss offen geredet werden.“ Diese hänge am Ende davon ab, was die Kommunen und die vielen Ehrenamtlichen leisten könnten. „Da sind die Landesregierungen näher dran und haben selbstverständlich das Recht, dem Bund zu sagen, wann das Ende der Fahnenstange erreicht ist“, sagte Mohring.

Auch der sächsische Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) sprang Haseloff bei. „Unser oberstes Ziel ist es, den Zustrom der Asylbewerber zu begrenzen“, sagte Tillich am Dienstag. Darin sei er sich mit dem Rainer Haseloff „einig“. Haseloff, dem im Frühjahr eine Landtagswahl bevorsteht, hatte sich im „Handelsblatt“ dafür ausgesprochen, in Ländern und Kommunen abzufragen, wie viele Menschen sie dauerhaft integrieren könnten. Für sein Bundesland zog er eine Grenze bei 12 000 Flüchtlingen pro Jahr. Haseloff forderte, der CDU-Bundesparteitag im Dezember müsse Obergrenzen beschließen.

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