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Peter Altmaier (CDU) bei einer Kabinettssitzung im Bundeskanzleramt.

© dpa/Kay Nietfeld

Doppelfunktion von Kanzleramtschef Peter Altmaier: "Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden"

Regieren und für die eigene Partei werben – der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim findet, das geht zusammen. Und widerspricht damit der Kritik an der neuen Nebentätigkeit von Kanzleramtschef Peter Altmaier.

Von Antje Sirleschtov

Wenn es um eine unrechtmäßige Verquickung von Regierungsämtern und Parteiaufgaben geht, gilt der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim als aufmerksamer Verteidiger der Verfassungslage. Weshalb sich der emeritierte Professor auch sofort mit der Ankündigung der CDU befasst hat, dass Kanzleramtsminister Peter Altmaier federführend das Wahlprogramm seiner Partei erarbeiten wird und ihm dazu ein eigenes Büro im Konrad-Adenauer-Haus freigeräumt werde. Von Arnims Urteil: „verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden“.

Dass es dieser Klarstellung überhaupt bedurfte, hat seine Ursachen in den gegenseitigen Verdächtigungen, die es beinahe routinemäßig in allen Wahlkampfzeiten gibt, wenn Regierungsvertreter für eine gewisse Zeit nicht nur regieren, sondern auch wahlkämpfen. Die Kontrahenten werfen sich dann regelmäßig gegenseitig vor, ihre Staatsämter – und die ihnen dafür anvertrauten Mittel – für Parteiinteressen zu missbrauchen.

Am Tag nach der Bekanntgabe der CDU-Zentrale hatte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dem Kanzleramtschef am Dienstag denn auch vorgeworfen, er verquicke „unzulässig Partei- und Regierungsarbeit“. FDP-Vize Wolfgang Kubicki sprach von Verfassungswidrigkeit und forderte wie Linken-Chef Bernd Riexinger, Altmaier müsse sein Regierungsamt dafür aufgeben.

Im Alltag sind die Grenzen fließend

Alles Unsinn, sagt dazu von Arnim. Solange Altmaier keine personellen und finanziellen Ressourcen des Amtes zur Parteiarbeit nutzt, sei dessen Doppelfunktion genauso unbedenklich wie die anderer Regierungsmitglieder, die in Regierung und Partei Funktionen hätten und daher selbstverständlich in die Erarbeitung der Programme und die Wahlkämpfe ihrer Parteien eingebunden sind. Von Arnim warnt deutlich vor gegenseitiger Schuldzuweisung: „Alle sitzen im Glashaus, weshalb sie vorsichtig sein sollten, mit dem Finger auf die anderen zu zeigen.“

Hans Herbert von Arnim.

© dpa

Unbestritten ist, dass es im Alltag schwierig ist, die Grenzen scharf zu ziehen. Wer möchte verlangen, dass sich Peter Altmaier zur Durchsicht von Entwürfen des CDU-Wahlprogramms vom Kanzleramt in die CDU-Zentrale fahren lässt, nur, um eine halbe Stunde später wegen eines Regierungstermins zurückzukommen? Ganz abgesehen davon, dass dann noch die Frage zu klären wäre, ob die CDU die Nutzungskosten von Altmaiers Dienstwagen und den anteiligen Verdienst seines Fahrers samt Sozialbeiträgen an die Staatskasse zu entrichten hätte. Allein aus solchen Praktikabilitätserwägungen tolerieren die Parteien im Allgemeinen seit Jahrzehnten die Praxis von Doppelfunktionen. Zumindest soweit, wie deren Ausübung nicht ausufert.

Gabriel ging zu weit

Zu weit ging 2009 der damalige Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD), als er sein Ministerium Argumente zusammenstellen ließ, mit denen er die wahlkämpfenden Genossen munitionieren wollte. Im aktuellen Wahlkampf in Schleswig- Holstein reichte die CDU gerade beim Landesverfassungsgericht Organklagen ein, weil Regierungsmitglieder unerlaubt Wahlwerbung für die SPD bei Lehrern gemacht haben sollen.

Selbst mit dem Argument der Ämtertrennung argumentierte die nordrhein-westfälische Umweltministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), als sie dieser Tage fotografiert wurde, als sie auf dem Weg zu einer Wahlveranstaltung ihre dicke Dienstlimousine (Benzin) gegen ein Hybrid-Auto ihrer Partei eintauschte und ihr CDU-Mitglieder in sozialen Netzwerken Doppelmoral vorwarfen.

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