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Geflüchtete aus der Ukraine laufen nach ihrer Ankunft durch die Eingangshalle vom Messebahnhof Laatzen.

© dpa/Michael Matthey

Vor dem Flüchtlingsgipfel im Mai: Der Bund hält die Hand auf der Tasche

Am 10. Mai wollen die Ministerpräsidenten beim Flüchtlingsgipfel mehr Geld vom Kanzler. Doch der Wille, ihnen entgegenzukommen, ist in der Ampel wenig ausgeprägt.

Die Schlachtordnung dürfte klar sein, wenn der Bundestag auf Antrag der Union am Freitag deren Antrag „Für Humanität und Ordnung in der Asyl- und Flüchtlingspolitik – Kommunen in der Migrationspolitik unterstützen“ debattiert. In der Linie ihrer bisherigen Attacken werden CDU und CSU der Ampel-Koalition vorwerfen, Länder und Kommunen mit der Last der Flüchtlinge alleinzulassen. Aber Finanzzusagen aus den Reihen von SPD, Grünen oder FDP wird es voraussichtlich nicht geben.

Vor dem Flüchtlingsgipfel der Ministerpräsidenten mit Kanzler Olaf Scholz (SD) am 10. Mai steigt die Spannung. Denn die Union geht in diesem Jahr von weiter steigenden Asylbewerberzahlen in Deutschland aus. „Wir werden im Jahr 2023 mindestens 300.000 Asylanträge haben. Eher mehr“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Alexander Throm (CDU), der „Bild“-Zeitung. Die Migrationsexpertin Sabine Hess von der Universität Göttingen hält dies für durchaus denkbar.

Hess hält sich zwar mit einer Prognose für die in Deutschland in diesem Jahr zu erwartenden Asylbewerberzahlen zurück. Aber dass die Marke von 300.000 erreicht werde, sei angesichts der Konflikte und der Situation in der Türkei, im Libanon und in Tunesien gut möglich, sagte sie dem Tagesspiegel.

Schlechtere Lage in Transitstaaten lässt viele den Weg nach Europa suchen

Da die internationale Hilfe für die sogenannten Transitstaaten wie Libanon ausbleibe und sich die Lage dort stark verschlechtere, suchten viele Flüchtlinge dort den Weg nach Europa, führte Hess aus. Das Ausbleiben der westlichen Hilfe in den betroffenen Regionen sei auch eine Folge des Ukraine-Kriegs, so Hess weiter.

Proteste gegen ein geplantes Flüchtlingsheim wie hier in Schleusingen in Thüringen heizen die Stimmung auf und machen die Politik nervös.
Proteste gegen ein geplantes Flüchtlingsheim wie hier in Schleusingen in Thüringen heizen die Stimmung auf und machen die Politik nervös.

© dpa/Michael Reichel

Deutschland hat seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 rund eine Million Menschen aus der Ukraine aufgenommen – vor allem Frauen und Kinder. Ukraine-Flüchtlinge und steigende Zahlen von Asylbewerbern aus Ländern wie Syrien, Afghanistan oder der Türkei sorgen inzwischen dafür, dass viele Kommunen bei der Unterbringung ans Limit geraten.

Im Koalitionsausschuss hatten SPD, Grüne und FDP am Mittwochabend zwar keine Beschlüsse gefasst, sich aber auch über den Umgang mit dem Migrationsthema vor dem Bund-Länder-Treffen am 10. Mai ausgetauscht. Dabei scheint der Wille, den Bundesländern zur Bewältigung dieser Aufgabe mehr Geld anzubieten, bei allen drei Partnern nicht ausgeprägt zu sein. Vielmehr ist geplant, den Ländern einen Vorschlag der Bundesregierung zu präsentieren, wie Rückführungen von abgelehnten Asylbewerbern in ihre Heimatländer beschleunigt werden können.

Bei der praktischen Umsetzung solcher Vorhaben aber könnte es durchaus zu Konflikten innerhalb der Koalition kommen. Die Grünen sind traditionell zurückhaltend bei der Einstufung von Staaten mit problematischer Menschenrechtslage als sichere Herkunftsländer. Dagegen hatte die FDP sich in der vergangenen Legislaturperiode, noch als Oppositionspartei, dafür ausgesprochen, zum Beispiel Georgien oder Moldau und nordafrikanische Länder wie Tunesien oder Marokko als sichere Herkunftsländer einzustufen. Das würde Abschiebungen in diese Länder erleichtern.

Die FDP dringt dem Vernehmen nach nun auf eine schärfere Migrationspolitik. Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, eine „Rückführungsoffensive“ von abgelehnten Asylbewerbern zu starten. Auch die Liberalen befürchten, dass dieses Jahr mehr als 300.000 Menschen Asyl in Deutschland beantragen könnten. Im ersten Quartal des Jahres 2023 wurden bereits über 80.000 Anträge gestellt, nicht mit eingerechnet sind die ukrainischen Geflüchteten, die davon ausgenommen sind. Die meisten Anträge im vergangenen Jahr wurden von Syrern gestellt, gefolgt von Menschen aus Afghanistan, der Türkei, dem Irak, Georgien und dem Iran.

Nach Syrien, Afghanistan und dem Iran schiebt die Regierung derzeit aber nicht ab. Der Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Joachim Stamp (FDP), machte bei seinem Amtsantritt im Februar bereits klar, dass er sich bei seinen Rückführbemühungen auf die Länder konzentrieren wolle, in die Abschiebungen möglich seien.

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