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Wolfgang Schäuble

© dpa

Vor Treffen der Finanzminister: Schäuble spricht EZB Vertrauen aus

Es zeichnet sich ab, dass Griechenland mehr Zeit zum Sparen bekommt, und Finanzminister Schäuble zeigt Verständnis dafür, dass die EZB für den Ankauf von Staatsanleihen keine Grenze benannt hat. EZB-Chef Mario Draghi hat unterdessen eine Idee, wie er seine Politik der deutschen Bevölkerung nahebringen will.

In der Debatte um geplante Ankäufe von Staatsanleihen kriselnder Euroländer durch die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hinter die Notenbank gestellt. Er habe Vertrauen in die EZB und respektiere deren Entscheidung, sagte Schäuble in einem am Freitag ausgestrahlten Interview mit dem Deutschlandfunk. Zugleich zeigte er Verständnis dafür, dass die EZB für den Ankauf keine Grenze benannt habe. Würde sie eine Summe nennen, dann wäre dies eine Einladung an Spekulanten, „genau dagegen zu spekulieren“. Schäuble sagte zugleich, würde die Zentralbank allerdings wirklich „unbegrenzt“ Anleihen aufkaufen, „dann wäre es in der Tat die Rutschbahn. Auf der sind wir nicht und die würden wir auch niemals akzeptieren, denn das würde das Mandat der EZB verletzen.“ Darüber würde der Europäische Gerichtshof wachen. Der Finanzminister unterstrich, die EZB habe „ausdrücklich kein Mandat zur Staatsfinanzierung“.

Mit der bei 190 Milliarden Euro liegenden Haftungsobergrenze Deutschlands im Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) habe die Entscheidung der EZB nichts zu tun, sagte Schäuble. Wie vom Bundesverfassungsgericht verlangt, sei der deutsche Haftungsanteil begrenzt. Wenn ein Mitglied seinen Anteil in den ESM nicht einzahle, verringere sich die vorgesehene Gesamtsumme von 700 Milliarden Euro, sagte der Minister. Dies könne „auf geeignete Weise“, etwa durch eine Erklärung, auch noch einmal klargestellt werden.

Gleichzeitig hat Schäuble erneut Hoffnungen darauf gedämpft, dass eine einheitliche Aufsicht für die Banken der Eurozone bereits ab dem nächsten Jahr ihre Arbeit aufnimmt. „Meine Sorge ist immer, dass man in der Gefahr ist, Erwartungen auch bei den Finanzmarktteilnehmern zu schaffen, die man dann nicht erfüllen kann“, sagte er am Freitag. Die EU-Kommission stellte am Mittwoch Pläne für eine einheitliche europäische Aufsicht über alle 6000 Banken der Eurozone vor, die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelt werden und schon am 1. Januar 2013 die Arbeit aufnehmen soll. Die neue Kontrollbehörde ist einem Beschluss des EU-Gipfels vom Juni zufolge die Voraussetzung dafür, dass der künftige Euro-Rettungsfonds ESM in Zukunft angeschlagene Banken auch direkt mit Finanzspritzen helfen kann.

Die Finanzminister der Eurozone beraten am Freitag in Zyperns Hauptstadt Nikosia über die nächsten Schritte, um den ESM einsatzbereit zu machen. Auch die Lage Griechenlands, das der Eurogruppe ein neues Sparpaket vorstellen soll, ist Thema. Entscheidungen über die Freigabe weiterer Finanzhilfen für das Land werden nicht erwartet. Jedoch zeichnete sich zuletzt die Bereitschaft ab, Athen mehr Zeit zur Umsetzung seiner Spar- und Reformauflagen zu geben. „Wenn das Defizit wegen eines zeitweisen Wirtschaftsabschwungs größer ist als erwartet, könnte es etwas Zeit geben“, sagte der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager. „Mehr Geld gibt es aber nicht“, fügte er hinzu. Ähnlich äußerte sich die sonst für ihre harte Haltung bekannte österreichische Ressortchefin Maria Fekter. „Ich glaube, dass Griechenland jetzt sehr ambitioniert ein Budget vorgelegt hat.“ Dazu gehörten eine Reihe von Sparmaßnahmen. „Wir werden den Griechen die Zeit geben, die sie dafür brauchen“, sagte Fekter.

EZB-Chef Mario Draghi hat unterdessen seine Bereitschaft signalisiert, den Deutschen seine Euro-Politik nahe zu bringen. „Sollte mich der Bundestag einladen, komme ich gerne“, sagte Draghi der „Süddeutschen Zeitung“. „Das wäre eine gute Gelegenheit zu erklären, was wir tun.“ Der Präsident der Europäischen Zentralbank steht vor allem für den Beschluss der EZB in der Kritik, unbegrenzt Anleihen angeschlagener Euro-Länder zu kaufen, die unter hohen Zinsen leiden. Draghi räumte ein, das Misstrauen vieler Deutscher erschwere seine Arbeit. „Ich muss mehr tun, um unsere Maßnahmen zu erklären“, sagte er. Der EZB-Präsident betonte, die Notenbank werde nur Anleihen kaufen, wenn die betreffenden Staaten strenge Vorgaben erfüllen. Auflagen zum Sparen und Reformieren, welche die Länder einhalten müssten, seien die beste Versicherung gegen Risiken. „Nicht zu handeln, wäre viel riskanter“, argumentierte Draghi. In diesem Fall drohe den Krisenländern ein Teufelskreis, aus dem sie sich auch durch gute Wirtschaftspolitik nicht mehr befreien könnten.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Bundesregierung in einem Urteil vom Mittwoch aufgefordert, verbindlich sicherzustellen, dass die Haftung Deutschlands für den ESM auf 190 Milliarden Euro begrenzt ist, sofern der Bundestag nichts anderes beschließt. Die EZB hatte einige Tage zuvor beschlossen, unter strengen Bedingungen unbegrenzt Staatsanleihen mit kurzer und mittlerer Laufzeit von kriselnden Eurostaaten zu kaufen, was vor allem in Deutschland vielerorts auf harsche Kritik stieß. (AFP, dpa, dapd)

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