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Kabel in einem Serverschrank

© Julian Stratenschulte/ dpa

Vorratsdatenspeicherung: CDU fordert nationale Regelung

In der EU wird es vorläufig keine einheitliche Vorgabe für die Vorratsdatenspeicherung geben. Das verstärkt bei Unionspolitikern in Deutschland den Drang, eine eigene, nationale Regelung zu schaffen. Und bei allen Beteiligten gibt es Gesprächsbereitschaft.

Von Anna Sauerbrey

Der politische Kampf um die Vorratsdatenspeicherung geht in eine neue Runde - nach neuen Regeln. Am Montag hat die EU-Kommission mitgeteilt, sie plane derzeit keinen neuen Vorschlag für eine europaweite Regelung der Vorratsdatenspeicherung und hat damit den Ball zurück in die deutsche Hälfte gespielt. Nun fordern führende Politiker der Unionsfraktion, Deutschland müsse stattdessen eine eigene, nationale Regelung schaffen. „Da ungewiss ist, ob überhaupt – und wenn ja wann – eine neue EU-Richtlinie in Kraft tritt, sollten wir jetzt zügig an einer neuen – strikt verfassungskonformen – innerstaatlichen Regelung arbeiten“, sagte der Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), dem Tagesspiegel.

Auch Stephan Mayer (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, sagte: „Ich bin der Meinung, dass wir sachlich und ohne Aktionismus Gespräche über die Vorratsdatenspeicherung auf Bundesebene führen sollten. In bestimmten Ausnahmefällen brauchen wir einfach dieses wichtige Ermittlungsinstrument.“ Die Fraktion sei in dieser Frage weiterhin geschlossen, erklärten beide Politiker. Laut Mayer müsse „in den nächsten Monaten“ ein Vorschlag vorliegen. „Es besteht vor dem Hintergrund der aktuellen Bedrohungslage durchaus Grund zur Eile.“

CDU und CSU wünschen sich einen Vorschlag zur Vorratsdatenspeicherung "in den nächsten Monaten"

Wie die SPD diesen Ball annimmt, wird spannend. Während sich Parteichef Sigmar Gabriel nach den Anschlägen von Paris „offen“ für die Vorratsdatenspeicherung gezeigt hatte, hat sich Bundesjustizminister Heiko Maas mehrfach gesagt, er werde keinen Vorschlag vorlegen. Bei einem Parteitag im Jahr 2011 hatte es bei einer Abstimmung zwar eine knappe Mehrheit dafür gegeben, ob dieses Ergebnis aber auch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen die EU-Richtlinie und nach dem NSA-Skandal noch steht, ist zumindest fragwürdig. Aus der SPD-Fraktion im Bundestag waren am Mittwoch unterschiedliche Stimmen zu hören: Die SPD-Innen- und Sicherheitspolitikerin Susanne Mittag, eine Polizeibeamtin, sagte: „Ich sehe durchaus die Notwendigkeit, dass Deutschland eine nationale Regelung vorlegt.“ Die Vorratsdatenspeicherung bleibe ein nicht zu unterschätzender Beitrag für die Bekämpfung des Terrorismus, der organisierten Kriminalität und der Kinderpornographie.  Lars Klingbeil hingegen, netzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagte, ein nationaler Alleingang sei nicht durch den Koalitionsvertrag gedeckt. Er sei weiter gegen die Vorratsdatenspeicherung und sehe sich durch die Urteile des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs bestätigt. Er bezweifelte, dass die zahlreichen Jüngeren in der Fraktion ein Gesetz mittragen würden.

SPD-Netzpolitiker zweifelt daran, dass die Jüngeren in der Fraktion die Vorratsdatenspeicherung mittragen würden

Sowohl mit Rücksicht auf den Koalitionspartner als um keine innerparteilichen Streitigkeiten heraufzubeschwören, hatten sich führende SPD-Politiker wie Heiko Maas in den vergangenen Monaten gern auf die Formel zurückgezogen, man warte auf einen Vorschlag aus Europa. Um die inhaltliche Auseinandersetzung zu vermeiden, hatte man sich schon im Koalitionsvertrag vor allem auf die Vorgaben aus der EU bezogen: Darin hieß es, man wolle eine europäische Regelung umsetzen, „um Zwangsgeldern“ zu entgehen und gleichzeitig in Europa auf eine Verkürzung der Speicherfrist auf drei Monate hinwirken. Die EU hatte zunächst sechs Monate vorgesehen, so stand es auch in dem ersten deutschen Entwurf, den das Bundesverfassungsgericht 2010 kippte.

Trotz Unstimmigkeiten scheint die Wahrscheinlichkeit für eine Einigung so hoch wie nie

Neu ist allerdings, dass fast alle Beteiligten Gesprächs- und Kompromissbereitschaft signalisieren. Die Wahrscheinlichkeit einer Einigung scheint so hoch wie nie. Zwar will niemand öffentlich über mögliche Lösungsvorschläge sprechen. Der CSU-Politiker Stephan Mayer signalisierte allerdings Kompromissbereitschaft bei der Speicherdauer. „Ich könnte mit einer kürzeren Speicherfrist leben.“ Auch eine Ausnahme von der Vorratsdatenspeicherung für Berufsgeheimnisträger wie Rechtsanwälte und Journalisten wird sicher kommen: So hat es der Europäische Gerichtshof durch sein Urteil festgelegt.

Am schwierigsten dürfte der Drahtseilakt zwischen öffentlicher Ablehnung und Kompromissbereitschaft für Justizminister Heiko Maas werden. Maas bestätigt zwar, dass er bereits seit Monaten regelmäßig persönlich beim sicherheitspolitischen „Jour fixe“ von Innen- und Justizministerium mit Thomas de Maizière (CDU) über das Thema spricht. Öffentlich aber ist er noch nicht von seinem kategorischen Nein gleich zum Amtsantritt abgerückt.

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