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Jens Spahn (CDU), stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, spricht im Plenum des Bundestags.

© picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Exklusiv

„Jede verlorene Woche kostet Wohlstand“ : Union fordert Wirtschaftsgipfel von Scholz

CDU-Vize Spahn fordert von der Bundesregierung ein Wachstumskonzept. Dafür brauche es einen Wirtschaftsgipfel. Auch Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Weil will einen parteiübergreifenden Plan.

Die Union fordert Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angesichts der schlechten Lage im Land zu einem Wirtschaftsgipfel auf. „Die Wirtschaft bricht ein und die Ampel zaudert“, sagte Jens Spahn, Vize-Fraktionschef der Union im Deutschen Bundestag, dem Tagesspiegel am Donnerstag. „Jede verlorene Woche kostet Wohlstand.“

Deutschland brauche ein Wachstumskonzept, das über das „drei Milliarden Euro kleine Wachstumschancengesetz“ hinausgehe, fordert Spahn. „Wenn der Wirtschaftsminister dazu nicht die Kraft hat, muss der Kanzler zum Wirtschaftsgipfel laden.“ Einen Termin dafür nannte Spahn nicht, aber die nächste Ministerpräsidentenkonferenz steht schon am 7. März an. Dort könnte die Lage der Wirtschaft ein Schwerpunkt werden. So war es am Donnerstag auch aus Länderkreisen zu vernehmen.

Anlass sind die neuen Wirtschaftszahlen von Bundesregierung und EU-Kommission. Die Kommission hat ihre Wirtschaftsprognose für den Euroraum für 2024 nach unten korrigiert. Laut ihrer Winterprognose wird ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,8 Prozent für 2024 prognostiziert. Schlusslicht in der Eurozone ist dabei Deutschland mit einem Anstieg von nur noch 0,3 Prozent. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte seine Prognosen schon am Vortag entsprechend abgesenkt.

„Enorme Herausforderungen in vielen Bereichen“

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Lage am Mittwochabend bei einer Veranstaltung in Leipzig als „dramatisch“ bezeichnet. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) fand ähnlich drastsiche Worte bei einem Auftritt in Potsdam: „Ich finde das nachgerade peinlich und in sozialer Hinsicht gefährlich“, sagte der FDP-Politiker.

Später wird sonst alles noch sehr viel teuer.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD)

Angesichts der schlimmen Zahlen sieht nicht nur die Opposition Handlungsbedarf. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) forderte einen gemeinsamen Kraftakt von Regierung und Opposition: „Es gibt enorme Herausforderungen in vielen Bereichen, die Zeit drängt, es muss etwas geschehen“, sagte Weil dem Tagesspiegel am Donnerstag. Es reiche nicht aus, die Probleme nur zu benennen, sie müssten auch angepackt und gelöst werden. „Dafür brauchen wir einen Plan, am besten über politische Lager und Legislaturperioden hinaus“, forderte Weil.

Der niedersächsische Ministerpräsident schlägt ein umfassendes Investitionsprogramm vor. „Wir müssen investieren – mutig, gezielt und schnell“, sagte der einflussreiche SPD-Politiker. Er nannte die Bereiche Wohnungsbau, Bildung und Bundeswehr, die Infrastruktur, einschließlich der Energienetze sowie die Transformation elementarer Industriebereiche. Dafür brauche es die Bereitschaft, Geld auszugeben. „Später wird sonst alles noch sehr viel teuer“, sagte Weil.

Auch Deutschlands Top-Ökonomen sind besorgt

Dringenden Handlungsbedarf sehen auch Deutschlands Top-Ökonomen. Michael Hüther, Direktor des Deutschen Instituts für Wirtschaft (IW), sieht die Lösung der aktuellen Krise vor allem in der „Stärkung unternehmerischer Investitionen“. Das sagte Hüther dem Tagesspiegel. Der Ökonom forderte zudem ein mutigeres Wachstumschancengesetz mit Steuersenkungen für Unternehmen, deutlich mehr Bürokratieabbau und eine Deckelung der Netzentgelte.

Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, sieht die Bundesregierung mitverantwortlich am wirtschaftlichen Niedergang. „Die Politikunsicherheit in Deutschland ist derzeit so hoch wie in Großbritannien im Jahr des Brexit“, sagte er dem Tagesspiegel. Auch Fuest fordert Steuersenkungen für Unternehmen, Bürokratieabbau, mehr Anreize zum Arbeiten sowie mehr öffentliche Investitionen. Zudem müsse das Renten- und Krankenversicherungssystem „glaubwürdig reformiert werden“.

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