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Damit zwei mal zwei auch weiter vier ergibt. Schulen brauchen die Unterstützung der neuen Bundesregierung.

© Frank Rumpenhorst/dpa

Zur Rettung der Schulen: Wir brauchen eine nationale Bildungsallianz

Eine große Koalition, die den Namen verdient, muss die Bildungspolitik ins Zentrum rücken und die Kleinstaaterei beenden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Antje Sirleschtov

Schreibt man „Verbot“ mit V oder F und vor allem: Sind Kinder in Bayern eigentlich schlauer als ihre Freunde in Hamburg, wenn sie Abitur haben? Sie ahnen, worum es geht.

Seit Sonntagmorgen wird in Berlin wieder sondiert. Es wird um Klimaziele gehen, um Europapolitik und Digitalisierung. Alles wichtig, gewiss. In jedem Bereich müssen sich Union und SPD einigen, soll das Land eine handlungsfähige Regierung bekommen.

Doch die wirklichen Sorgen der Deutschen lagern nicht in Abraumhalden oder auf Glasfaserautobahnen. Sie sind morgens um acht zu besichtigen. Überall im Land, flächendeckend sozusagen. Wenn Frau Schreiber mal wieder krank ist, Deutsch ausfällt, weil kein Ersatzlehrer da ist. Oder mittags um zwei, wenn Eltern nach Hause hetzen, um zu verhindern, dass ihre Kinder die Nachmittage mit Daddeln statt mit Hausaufgaben verbringen. Von fehlenden und maroden Schulgebäuden und zeitgemäßer Computerausstattung, von einer mit Flüchtlings- und Behindertenbetreuung hoffnungslos überforderten Lehrerschaft, Schulbuchwirrwarr, Abschlusschaos und natürlich der Katastrophe gar nicht zu reden, die alle Eltern heimsucht, die von Ost nach West oder Nord nach Süd umziehen müssen.

Es geht nicht um links oder rechts, sondern um zeitgemäß oder gestrig

Nichts Neues, seit Jahren weiß jeder die unglaublichsten Beispiele deutschen Staatsversagens zu erzählen. Und seit genauso vielen Jahren wissen die Politiker: Die Kleinstaaterei im Bildungsbereich muss aufhören, Schulpolitik ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie gehört in die gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern. Es geht nicht nur um die Lesekompetenz Achtjähriger. Es geht um die Lebenschancen (mindestens) einer Generation und damit um die Zukunft aller. Schließlich hängt die Sicherheit unserer Rente auch davon ab, ob die, die sie einmal erarbeiten, unfallfrei bis zehn zählen können.

Politisch ist die Sache seit einiger Zeit aus dem Schützengraben heraus. Dass der Bund mit Kompetenz und vor allem Milliarden in die Schulen investieren muss, ist keine Frage mehr von linker oder konservativer Gesinnung. Lediglich ein paar Gestrige in einigen unionsgeführten Ländern und dem grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg scheint die Autonomie (und damit Macht) ihrer Bildungsverwaltungen wichtiger zu sein als die Zukunft der Kinder und damit des Landes.

Vielleicht muss das Kooperations-Verbot fallen

Beste Voraussetzungen also für eine nationale Bildungsallianz, die Union und SPD zum Zentrum ihrer Koalition machen sollten. Das Recht auf Ganztagsschulen zum Beispiel für Grundschulkinder, gemeinsam von Bund und Ländern festgelegte Standards für Bildungsinhalte und Abschlüsse, Ausstattung der Schulen mit Material und Personal und vor allem: ein Milliarden-Investitionsprogramm, das der Größe der Aufgabe entspricht und die gesellschaftliche Bedeutung derselben dokumentiert. Vielleicht muss dazu das Kooperations-Verbot von Bund und Ländern im Grundgesetz abgeschafft werden. Vielleicht finden sich aber auch andere Wege, um das Ziel zu erreichen. Einer großen Koalition, die ihren Namen verdient – und deren Parteien nicht noch mehr Menschen an Populisten verlieren wollen –, muss das gelingen.

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