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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht mit Linda Zervakis, Journalistin, Moderatorin und Autorin, auf der re:publica 2022 über Digitalpolitik in der Zeitenwende.

© dpa/Annette Riedl

Exklusiv

Zervakis interviewt Scholz: CDU-Politikerin wirft Kanzleramt „übles Schauspiel“ vor

TV-Moderatorin Zervakis soll für ein Interview mit Olaf Scholz eine „Kostenpauschale“ bekommen haben vom Kanzleramt. Die CDU-Abgeordnete Gräßle wollte mehr wissen – und fühlt sich belogen.

Die Bundesregierung hat die nach Medienberichten erfolgte Zahlung des Bundeskanzleramts an die TV-Moderatorin Linda Zervakis für ein Interview mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Digitalkongress „re:publica 2022“ gegenüber dem Parlament noch verheimlicht. Das geht aus einer Reaktion des Staatsministers beim Kanzleramt Carsten Schneider (SPD) auf die Anfrage der CDU-Abgeordneten Ingeborg Gräßle (CDU) hervor.

Gräßle hatte unmittelbar nach ersten Medienberichten Ende Januar, wonach das Kanzleramt Zervakis als Moderatorin des Events vom 9. Juni 2022 bestimmt und beauftragt haben soll, gefragt, wie hoch „die Gesamtkosten für den vom Bundeskanzleramt bezahlten Auftritt von Linda Zervakis mit dem Bundeskanzler auf der re:publica 2022“ gewesen seien. Ferner wollte die Abgeordnete wissen, für welche anderen Interviews das Kanzleramt die Kosten der Interviewer aus dem Bundeshaushalt getragen hat.

Der Eindruck sollte sein: Ein unabhängiges Interview mit dem Kanzler. Tatsächlich war alles Fake, erlogen von vorn bis hinten. 

Ingeborg Gräßle, CDU-Bundestagsabgeordnete

In der Regierungsantwort vom 6. Februar verweigerte Schneider die Auskünfte pauschal und verwies auf die angeblich nötige Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Journalistin: „Dieses Recht steht einer Bekanntgabe konkreter Inhalte der Verträge mit Dritten entgegen.“

Tatsächlich bestätigte das Kanzleramt jedoch jetzt offenbar eine Zahlung von 1.130,50 Euro brutto an Zervakis, nachdem die „tageszeitung“, die den Fall recherchiert hatte, eine entsprechende Auskunftsklage beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben hat.

Gräßle reagierte empört: „Ich fühle mich belogen“, sagte sie dem Tagesspiegel auf Anfrage. Das Kanzleramt habe sich hinter unzulässigen Argumenten verschanzt, damit „dieses Theater nicht ans Licht kommt“. Dass offenbar nur der Weg zu den Gerichten bleibe, um Transparenz herzustellen, halte sie als Volksvertreterin für inakzeptabel.

Das Kanzleramt soll Zervakis ausgesucht haben

Dass das Kanzleramt dem Bericht der „tageszeitung“ zufolge Zervakis für das Interview auf dem Kongress ausgesucht und es mit ihr vorbereitet haben soll, bezeichnete die Politikerin als „echt übles Schauspiel“, wie sie es nicht für möglich gehalten hätte.

„Das Kanzleramt hat die Öffentlichkeit getäuscht“, sagte Gräßle. „Der Eindruck sollte sein: ein unabhängiges Interview mit dem Kanzler. Tatsächlich war alles Fake, erlogen von vorn bis hinten.“

Die Fragerin sei als Schauspielerin eingesetzt und vom Befragten mit Steuergeldern bezahlt worden. Das Bundeskanzleramt hat auf eine Anfrage vom Dienstag zu dem Vorgang bisher noch nicht Stellung genommen.

Nach dem Bericht der „tageszeitung“ betont das Management der früheren „Tagesschau“-Sprecherin Zervakis, diese habe kein Honorar für das Interview erhalten. Vielmehr habe es sich dem Kanzleramt zufolge um eine „Kostenpauschale“ gehandelt.

Ausweislich der Regierungsantwort an die CDU-Politikerin Gräßle kann das Kanzleramt in dem Vorgang wohl auch nichts Ungewöhnliches entdecken: „Im Übrigen wurden für Veranstaltungen, wie zum Beispiel den Tag der offenen Tür, in dieser und in vorangegangenen Legislaturperioden Kosten für Moderatorinnen oder Moderatoren aus dem Bundeshaushalt getragen.“

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