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Die Kritik wird lauter. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, hier am Wochenende auf dem Rückflug von Jordanien. Da stieg sie in einen Airbus der Bundesluftwaffe.

© dpa

Zustand der Bundeswehr: Ursula von der Leyen eilt von Panne zu Panne

Schon wieder ist eine Maschine liegengeblieben – jetzt kritisiert sogar der Koalitionspartner Ursula von der Leyen. Und die Verteidiger der Verteidigungsministerin formieren sich demonstrativ.

Von Robert Birnbaum

Der Regierungssprecher formuliert eine Solidaritätsadresse: „Der Prozess und das, was die Verteidigungsministerin gerade macht“, versichert Steffen Seibert am Montag in Berlin, habe „die volle Unterstützung der Bundeskanzlerin.“ Auch der CDU-Generalsekretär stellt sich schützend vor die Parteifreundin: Die Ministerin habe „viel Zustimmung“ im Parteipräsidium erhalten, versichert Peter Tauber. „Die Bundeswehr ist einsatzfähig“, versichert der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Henning Otte. So viel demonstrative Rückendeckung hat Ursula von der Leyen seit Jahren nicht erfahren. Die Lage ist also ziemlich ernst.

Das liegt zum einen in der Natur der gravierenden Materialprobleme, mit denen sich die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt seit voriger Woche konfrontiert sieht. Altersschwaches Gerät lässt sich nicht schnell ersetzen, fehlende Ersatzteile liegen nirgendwo auf Lager. „Probleme, die sich über Jahre aufgestaut haben, die lassen sich natürlich nicht auf einen Schlag lösen“, sagte Leyen im Deutschlandfunk und fügt ahnungsvoll hinzu: „Das wird mich die ganze Legislaturperiode beschäftigen.“

Tatsächlich muss Leyen noch auf lange Sicht mit immer wieder neuen schlechten Nachrichten rechnen, schon weil ab jetzt jeder Reparaturfall zur Illustration der Gesamtmisere wird. Am Wochenende war es wieder so weit: Eine der zwei Transall-Transportmaschinen, die für eine Luftbrücke zur Ebola-Hilfe nach Westafrika unterwegs war, kam nur bis Gran Canaria. Dort stand sie noch am Montag und wartete auf Ersatz.

KPMG-Bericht könnte Missstände weiter beleuchten

Die nächste Unbill wartet in der kommenden Woche. Dann legt die Unternehmensberatung KPMG ihren Bericht über das Rüstungswesen vor. Ursula von der Leyen als Auftraggeberin kennt bereits die Tendenz: „Das wird nächste Woche noch mal deutlich werden, dass dort seit Jahren auch sich Probleme aufgestaut haben.“ Ändern kann sich auch das nur langfristig.

Ernst ist die Lage für die Ministerin allerdings auch deshalb, weil sich nicht nur die Opposition auf sie einschießt, sondern auch der Koalitionspartner. Wobei SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel, der am Montag nach einer Telefonschaltkonferenz der SPD-Spitze den Part Öffentlichkeitsarbeit übernahm, fast schon oppositionell klang. Dass Leyen und ihre Verteidiger auf Versäumnisse der Vorgänger verweisen, beantwortet der Hesse mit dem Hinweis, dass die seit fast einem Jahrzehnt aus der Union kommen: Thomas de Maizière, Karl-Theodor zu Guttenberg, Franz Josef Jung.

"Weniger Fototermine, mehr Handwerk"

Der Ministerin selbst gibt Schäfer-Gümbel den vergifteten Rat, „ein bisschen weniger Fototermine zu machen und sich mehr mit dem Handwerk zu beschäftigen“; ohnehin sei das Haus „anfällig für Inszenierungsverantwortliche“. Problematischer als solche polemischen Töne ist für Leyen der Widerstand, den die SPD gegen zusätzliches Geld für den Wehretat anmeldet. Von Fraktionschef Thomas Oppermann bis zu den SPD-Wehrexperten verweisen alle darauf, dass im Wehretat Milliardensummen für Rüstungsinvestitionen gar nicht abgerufen werden, weil Projekte ins Stocken geraten sind. Leyen selbst hat im CDU-Präsidium noch einmal klargestellt, dass die Bundeswehr kurzfristig auch gar kein neues Geld brauche. Auf mittlere Sicht allerdings werde man um eine Aufstockung des Etats nicht herumkommen.

Und dann ist da noch eine alte SPD- Lieblingsidee, die auf einmal wieder Konjunktur bekommt: die Reform der Reform. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Hans-Peter Bartels, erinnert zum Beispiel daran, dass die Sozialdemokraten seinerzeit gegen die Entscheidung des Ministers de Maizière gewesen seien, die Materialausstattung der Bundeswehr-Verbände von 100 Prozent auf 70 bis 80 Prozent zu senken. „Ich würde Frau von der Leyen bitten, sich das noch mal anzugucken“, sagt Bartels, der ansonsten viel Verständnis zeigt – die Ministerin könne ja wirklich nichts für die Probleme, die Vorgänger ihr hinterlassen hätten. Sein SPD-Kollege Rainer Arnold würde die de Maizièr’sche Reform gerne noch viel gründlicher überarbeiten. Das Prinzip „Breite vor Tiefe“, glaubt Arnold, sei mitschuldig an den Problemen. Er plädiert schon seit langem dafür, dass sich die Bundeswehr auf bestimmte Fähigkeiten konzentrieren sollte.

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